2024 – von neuen Ufern, hohen Wellen und anderen Metaphern
Ich weiß, ich habe super lange nichts von mir hören lassen. Also
was ist 2024 alles passiert? Um diese Frage vollständig beantworten zu können bräuchte
ich vermutlich 4 Artikel, aber ich versuche mich kurz zu halten, versprochen!
Tatsächlich hatte ich Mitte des Jahres bereits einen kompletten Beitrag fertig, der von meinen großen Neuigkeiten erzählen sollte. Allerdings hat mich irgendetwas zurückgehalten diesen zu veröffentlichen. Da das Jahr jetzt fast herum ist dachte ich mir aber: ‚warum etwas verschwenden‘ und habe den Text aus Mai geringfügig angepasst und in diesen Artikel integriert. Einen Text im Text, der von großen Plänen, Hoffnungen und der Vorfreude auf 2024 berichtet. Heißen sollte er:
„Fredas Auszeit – Neue Ufer“
Ein neues Ufer ist immer auch eine neue Chance, aber an neue
Ufer branden auch neue Wellen – kleine und große, manche geben dir Auftrieb und
andere ziehen dich in die Tiefe.
Ich bin nicht mehr auf Koiimasis – believe it or not!
Namibia, Koiimasis, Pferde, Weite… das war mein Traum für viele Jahre! Den habe ich mir 2020 erfüllt, als ich Deutschland hinter mir gelassen habe, um auf einer Pferde-Ranch im Süden Namibias zu arbeiten. Das ist nun über 4 Jahre her und irgendwann muss man auch mal ein neues Kapitel aufschlagen, oder, um bei dem Traum Bild zu bleiben: Sich erlauben weiter zu träumen!
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Traumhaft oder? |
Chancen ergreifen
Im letzten Jahr ergab sich eine tolle Möglichkeit für mich. Ich habe zwei Jungs aus Deutschland kennen gelernt, die sich wiederum ihren Traum erfüllen wollten, von einer Reit- und Jagd-Farm in Namibia. Bisher fehlte ihnen nur die Konstante, die das ganze Jahr über vor Ort sein konnte und da kam ich ins Spiel.
Melrose Farm und Mission Lodge
Östlich und Südlich der Namibischen Hauptstadt Windhoek liegt das Khomas Hochland. Diese Region liegt durchschnittlich auf 2000m über dem Meeresspiegel. Khomas bedeutet übersetzt sowas wie Berg bzw. bergig. Und das ist es auch, ein bergiges Terrain, voller Büsche, Bäume, Gras und wilder Tiere. So wie man Afrika aus ‚König der Löwen‘ kennt. Giraffen und Antilopen ziehen über die Landschaft und knabbern an den Kameldorn Bäumen. Paviane treiben ihr freches Unwesen und man wird ständig von neugierigen kleinen und große Pumbas beobachtet. Im Gegensatz zum Süden des Landes, in dem ich die letzten 4 Jahre verbracht habe, regnet es hier viel häufiger und die Wilddichte ich deutlich höher. Man sieht also viel mehr verschiedene Tierarten, auch wenn der dornige Busch die Sicht manchmal etwas erschwert – hier braucht man gute Augen.
Und in eben diesem Hochland liegt die Melrose Farm. Ca. 10.000 Hektar fruchtbares Land, nur 50km außerhalb von Windhoek. Ein Katzensprung, wenn man bedenkt, dass ich vorher 550km fahren musste, um meine Haare schneiden zu lassen.
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Irgendwann kamen mir die 50km trotzdem lang vor, vor allem wenn man die Strecke fast täglich fahren muss... |
Auf der Melrose Farm befindet sich die Mission Lodge, eine
richtige kleine Burg, direkt am Oanob Rivier (Trockenflusslauf) gelegen. Die
Lodge wird aktuell renoviert und in Zukunft von einem Deutschen Auswanderer Ehepaar verwaltet:
Andrea und Harald, beide sind schon knapp 10 Jahre in Namibia.
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Schaut gerne mal vorbei: https://melrose-missionlodge.com.de/ |
Die Melrose Mountain Ranch
Direkt neben der Mission Lodge haben wir unsere eigene kleine Ranch gebaut: die MELROSE MOUNTAIN RANCH. Lodge und Ranch sind eingerahmt von den Bergen des Khomas Hochlands. Um das Areal herum ist ein sogenannter Game Fence also ein sehr hoher Zaun, der es uns erlaubt die Pferde auf einem Gebiet von ca. 150 Hektar sicher zu halten. In Namibia ist ja immer alles eingezäunt. Jeder Farmer schützt sich und sein Vieh mit einem Drahtzaun.
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Die Ranch im trockenen Winter aus der Vogelperspektive |
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Tyson, Aspris und Fura vor dem Eingang der Lodge |
Neue Gefahren
Tatsächlich gibt es in der Region viele Wilderer. Und wenn ich von Wilderei spreche, meine ich nicht das Abschlachten von Elefanten und Nashörnern. Nein, hier werden hauptsächlich Nutztiere getötet wie Rinder und Schafe, aber leider auch Pferde und Hunde. Das ist ein riesiges Problem im ganzen Land. Nicht mal das abgelegene Koiimasis war vor Viehdieben sicher. Selbst dort wurden 2023 mehrere Pferde gestohlen. Die Tiere (ja, auch die Hunde) werden wegen ihres Fleisches geschlachtet. Bitte denkt aber nicht, dass damit nur ein paar hungrige Mäuler gestopft werden sollen. Nein, das Ganze hat riesige kriminelle Auswüchse, manchmal werden über Nacht ganze Herden ausgelöscht und das Fleisch wird an Schlachtereien weiterverkauft. Deshalb bin ich froh über das Camp mitten im Farm Gelände, da stehen die Pferde nämlich nicht direkt an der öffentlichen Straße, sondern gut verborgen im Namibischen Buschwerk. Trotzdem hat die „Koppel“ eine Größe von knapp 214 Fußballfeldern, also auch nicht gerade übersichtlich. Da muss man abwägen zwischen nachts ruhig schlafen und artgerechter Haltung.
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Es gab Tage da waren sie so gut versteckt, dass ich fast 4 Stunden gebraucht habe um alle Pferde rein zu bringen |
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Selbst wenn es 2024 längst nicht genug geregnet hat, die Wüstenponys konnten ihr grünes Glück kaum fassen |
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Buschpony Bella - die Einzige, die man von Weitem erkennen kann |
Die Pferde auf Melrose
Ich hatte das Glück drei meiner Lieblingspferde von Koiimasis mitnehmen zu können. Ok, am liebsten hätte ich sie natürlich gleich alle eingepackt. Ich denke auch noch immer täglich an meine „Babys“ die ich zurücklassen musste. Vor allem wenn ich sehe, wie dick und Rund die drei Füchse mittlerweile sind. In Namibia ist der Ausruf: „Ai dein Pferd ist aber lekker fett!“, ein ernst gemeintes Kompliment. In einem Wüstenland ist fett zu sein ein Privileg, denn hier wissen alle wie schnell sich das auch wieder ändern kann.
Fura mein heimlicher Liebling, ein großer Dunkelfuchs, mit viel Tempo, Talent und Ausdauer. Die letzten zwei Jahre habe ich viel Arbeit in ihn investiert und wir sind ein richtiges Team gewordent. Ich muss zugeben, dass er mir eigentlich zu schade fürs Tourie-Geschäft ist – psssst nicht dem Boss verraten!
Aspris, ist ein kleiner Schlingel mit einem Stockmaß von 1,45 und einer großen Begeisterung für Rinderarbeit. Sein Name bedeutet auf Afrikaans sowas wie „Vorsätzlich“ und das passt, denn er hat ständig irgendeinen Scherz parat, mit dem er uns auf Trab hält. Auf seinem allerersten Turnier im August hat er mich mit zwei zweiten und einem vierten Platz überrascht.
Tyson, ist noch in Ausbildung und noch nicht so lange unterm
Sattel. Im Gelände ist er aber total unerschrocken und ein wahres Sofa. Allerdings
auch ein bisschen unser Sorgenkind, denn wenn einer einen Tritt abbekommt oder sich dumm verletzt ist
er es. Er hatte sogar einen gespaltenen Backenzahn, den wir in einer
komplizierten Operation von einer Spezialistin haben entfernen lassen. Leider haben diese vielen Unfälle einen kleinen Knacks in seiner Psyche hinterlassen, weswegen er aktuell mit Samthandschuhen angefasst werden muss.
Als vierte kam Sookie ins Fuchs-Team. Die Stute wurde uns
eigentlich als 4-jähriges Reitpferd verkauft. Am Ende stellte sich aber heraus,
dass die erst zwei ist und trotzdem schon von den Farmarbeitern geritten wurde.
Da konnten wir nicht anders als sie bei uns zu behalten, um sie dann in 2
Jahren, wenn sie wirklich bereit ist, wieder zu satteln.
Aber das waren ja noch nicht alle Koiimasis Pferde, da gibt es nämlich noch el Chocolate. Den haben wir vor 2 Jahren von Koiimasis an eine Deutsche Auswanderin verkauft. Die hat dann aber irgendwann festgestellt, dass der Westernsattel doch nicht so zu ihr passt und ihren Schoki in gute Hände abgegeben. Denn sie kann sich ganz sicher sein, dass es ihm in meiner Obhut super gut gehen wird.
Und Schoki kam nicht alleine. Er kam im Black and White Doppelpack mit seiner Freundin Bella. Eine etwa 11-jährige, Cremello-Paint Ponystute mit pinker Nase und blauen Augen. Ich liebe ja Ponys und mit 1,30m Stockmaß können kleine Erwachsene sie trotzdem reiten. Außerdem liebt Bella Kinder und lässt sich stundenlang von ihnen durchknuddeln.
In Zukunft sind natürlich noch weitere Pferde geplant, denn ein Tour Betrieb lässt sich mit 4,5 Reitpferden nur schwer stemmen. Solange ich alleine bin habe ich mit den Sechs aber erstmal alle Hände voll zu tun.
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Eine richtige kleine Herde |
Der Plan
In Namibia macht man ja für alles einen Plan – auch für Kleinigkeiten. Diese Redewendung ist bei mir schon in Fleisch und Blut übergegangen. Aber auf Melrose gibt es wirklich einen Plan, denn ich arbeite hier ja mit „echten“ Deutschen zusammen, oder wie man hier sagt mit „Deutsch, Deutschen“ (im Gegensatz zu den Namibischen Deutschen) – sogar quasi dreimal Deutsch, denn die kommen ja aus Bayern – echte „Tscherries“ eben.
Meine beiden neuen „Bosse“ sind in meinem Alter +/- und sehr erfolgreich in ihren Jobs in „Good old Germany“. Sie werden versuchen so oft wie möglich in Namibia zu sein, können und wollen ihr Leben in Deutschland jedoch nicht aufgeben. Deshalb bin ich hier vor Ort, halte die Stellung und mache Sicher, dass alles Läuft. Der Pferdebetrieb sowie die Baustelle und alles darum herum. Eine riesen Herausforderung, denn zuvor hatte ich natürlich zu jeder Zeit meinen Chef und ein zuverlässiges, erprobtes Team im Rücken. Auch die Infrastruktur war über viele Jahre komplett fertig gestellt, das Land erkundet und die Pferde routiniert. Da konnte ich mich ins gemachte Nest setzten, jetzt muss erstmal alles neu aufgebaut werden. Trotzdem hoffe ich, dass mir meine bisherige Namibia-Farm-Erfahrung dabei hilft das Ganze noch zu optimieren und mein Input wertgeschätzt wird. Im Zweifel haben wir hier aber auch ganz tolle Nachbarn. Das Netzwerk der Nachbarschaft in dieser Region funktioniert super gut und Namibia ist für seine Hilfsbereitschaft bekannt. Die meisten Farmer rund herum sind Deutsch-stämmig und freuen sich über den nachbarschaftlichen Zuwachs auf Melrose.
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Im Auge des Giganten - die Giraffen sind den Pferden nicht geheuer |
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Auf dem Katzenbuckel mit der allerbesten Aussicht |
In Zusammenarbeit mit der Mission Lodge werden wir auf Melrose Reitsafaris anbieten, eine Woche auf dem Pferderücken durch das malerische Khomas Hochland. Unsere Basis ist dabei die Mission Lodge, in der man sich umgeben von dicken Mauern, pudelwohl fühlen kann. Auf den Ritten wird man Giraffen zu sehen bekommen, auf tolle Aussichtspunkte klettern, Rinder treiben und eine Nacht im Cowboy Camp schlafen. Atemberaubende Sundowner, strahlender Sonnenschein und Nächte am Lagerfeuer sind natürlich im Preis mit drin.
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Solange die Giraffen still stehen ist es ok, aber in Bewegung sind die Dinger schon echt gruslig |
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Die Pferde auf dem Weg in den Feierabend |
Der große Schritt
Von Koiimasis weg zu gehen ist mir trotzdem alles andere als
leichtgefallen. Der Süden ist nun mal der Süden und hat seinen eigenen Zauber, ganz anders als die
nördlichen Regionen des Landes. Aber der Süden ist nun mal auch 550km von der
Zivilisation entfernt. Ok, es gibt noch ein paar kleinere Städte wie Lüderitz
oder Mariental, die „nur“ knapp 300km entfernt liegen, aber wer schon mal dort
war weiß auch, dass das auf Dauer nicht die lebenswertesten Plätze sind. Ein
richtiges Sozialleben ist nur in Windhoek möglich. Hier habe ich schon einige
gute Freundinnen gefunden und es werden immer mehr, denn ich kann endlich auch
an sozialen Events teilnehmen, wie Karneval, Hochzeiten, Oktoberfest, Konzerten
etc.
Ok, Windhoek ist nicht New York aber im Vergleich zu Koiimasis mindestens New
Jersey. UND, was mir auch super wichtig ist, ich wohne eben nicht mitten in
Manhattan, sondern in einer (an einem Tag hin und zurück) fahrbaren Distanz zur
Stadt. Auf dem Land, inmitten der Natur, mit dem schönsten Sternenhimmel, den
Pferden direkt vor der Tür, genug Platz für Cooper und der für Namibia
typischen herrlichen Stille.
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Auf dem Pferderücken fühle ich mich immer am Wohlsten |
Noch ist die Ranch „under construction“ und es wird sicher noch eine Weile brauchen bis wir Gäste empfangen können, aber solange ich Pferde und Natur um mich herum habe – und jetzt sogar noch meine Freunde in Reichweite – bin ich glücklich!
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Seit kurzem sogar noch glücklicher, denn De Wet und ich sind jetzt verlobt! |
Ausgeträumt
Wäre das hier ein Film würde man jetzt so ein Geräusch hören als ob eine Vinyl Platte verreckt – um euch zu signalisieren, dass der Traum beendet ist und wir uns wieder in der Realität befinden...
So viel also zu meinen hochtrabenden Plänen und einer Karriere als alleiniger Ranch-Verwalter. Ganz so einfach ist es nämlich doch nicht. Nicht nur das Leben in Namibia ist eine Herausforderung, auch das Arbeiten mit den verschiedensten Menschen – egal welcher Herkunft.
Lernen und weiter machen!
In diesem Jahr habe ich gelernt wem ich vertrauen kann und dass man sich nicht von einer glänzenden Fassade oder (zu) gut klingenden Versprechungen blenden lassen sollte. Irgendwann ist der Bogen überspannt und man muss sich auf sich selbst, die Familie und die wenigen echten Freunde konzentrieren, um nicht unterzugehen – wo wir wieder bei der Metapher mir den Wellen wären.
Zusammen sind wir stark! |
Mein Verlobter und ich sind gerade in unser eigenes, kleines Haus gezogen und werden uns beruflich selbstständig machen. Wenn man sich schon kaputt arbeitet, dann doch besser für die eigene Tasche – oder? Vor diesem Schritt hatte es mir im letzten Jahr noch gegraut, ich wollte angestellt sein, ein sicheres Gehalt beziehen, geregelten Urlaub und ein verantwortliches Backup haben!!! Meine Erfahrungen in 2024 haben mir aber gezeigt, dass ich es auch alleine schaffen kann – Tschakka!
Zukunftsmusik
Was
wir in Zukunft vorhaben ist noch nicht 100% spruchreif, das ist dann Material für den
nächsten Artikel. Was ich euch aber verraten kann ist, dass es weiter mit
Pferden zu tun haben wird, ich aber keine eigenen Touren mehr anbieten will und
werde. Ich möchte nicht mehr die Verantwortung dafür tragen müssen, ob jemand
seinen Urlaub heile übersteht, ich möchte ausschließlich für gute Erinnerungen
zuständig sein. Meine Pferde sind nur noch für mich! Leider konnte ich meinen geliebten
Fura nicht mit in die neue Heimat nehmen. Das war wirklich ein harter Schlag. Jeder der mich kennt, weiß wie sehr ich an „meinen“ Tieren hänge. Im
Endeffekt waren es aber eben nicht „meine“ Tiere – nur im emotionalen Sinne und
ich musste lernen loszulassen.
Aber andere Mütter haben auch schöne Ponys und
ich blicke wieder positiv in die Zukunft.
2024 war ein Jahr voller Verluste, Tränen und Enttäuschungen, aber auch ein Jahr voller Hoffnung, Perspektiven und persönlicher Weiterentwicklung. Ich bin mir sicher, dass ich im kommenden Jahr ein bisschen redseliger bzw. schreibseliger sein werde und euch mit mehr Posts hier auf meinem Blog auf dem Laufenden halten werde – bis dahin, guten Rutsch!
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RIP mein geliebter Cooper, mein bester Freund, mein treuer Begleiter, mein Baby – ich werde dich niemals vergessen! |
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