Die große Tour – nicht lesen, sondern reiten! Teil I


Am zweiten Sonntag ging sie dann endlich los, die große Tour, für die ich ja eigentlich auf Koiimasis war. Nicht als Gast, sondern tatsächlich als Rittführer. Es lagen sieben ereignisreiche Reittage vor uns, von denen ich euch in den folgenden Artikeln ausführlich erzählen möchte.


 Hallo, ich bin Freda, der äh Guide oder so…

Unser Gast kam am Samstagabend an und wir stellten uns kurz vor: Sonja ist Anfang 50, hat zwei erwachsene Kinder und reitet zuhause hauptsächlich freizeitmäßig. Sie war jetzt das allererste Mal in Namibia und hat sich damit einen lang gehegten Traum erfüllt. Ihr Mann und ihre jüngere Tochter würden im Anschluss, in Windhoek hinzustoßen, um von dort eine Rundreise durch das echte Namibia anzutreten. Nicht dass Koiimasis nicht echt wäre, dennoch ist es mit sonst keinem Teil des Landes wirklich vergleichbar.

Welcome to Cowboy Country – das nagelneue Adventure Village, in dem ich auch wohnen durfte


So viele liebevolle kleine Details


Tag 1 – Pferde kennenlernen und einschätzen

Am ersten Tag fuhr ich mit Sonja und meinem Farm-Auto „Lady“ Richtung Cowboycamp. Ich hatte bereits drei unterschiedliche Pferde im Kopf, die sich für die Tour geeignet hätten – je nach reiterlichem Können. Nach einem kurzen Gespräch am Samstag reduzierten sich diese dann auf zwei. Sonja folgte meiner Empfehlung, sich ein einfaches Verlasspferd auszusuchen, mit dem sie den Urlaub definitiv genießen kann. „Außerdem will ich ja auch zwischendurch mal ein bisschen rumgucken können“ – Gute Einstellung, im Urlaub geht es mir genauso!

Sie testete also als erstes Attila, eines unserer zuverlässigsten und feinsten Reitpferde und danach Spaniard, den ich gerne das Barbiepferd nenne, weil er so ein Hübscher ist. Sie entschied sich dann für die 100% verlässliche Bank namens Attila – puh, eine Sorge weniger!

Sonja auf Attila, bei ihrem allerersten kleinen Abenteuer


Tag 1 – Am Nachmittag gings auf zum Erkundungsritt

Wulff hatte für die Tage extra eine Köchin kommen lassen, die uns mit allem versorgte, was das Cowgirlherz (bzw. der Cowgirlmagen) begehrt. Nach einem leckeren Mittagessen ging es dann aber auch schon wieder Richtung Cowboycamp: „Jetzt machen wir alle noch mal Pipi und dann reiten wir los!“, dieses Zitat aus dem Schuh des Manitu sollten meine Mitreiter noch öfters zu hören bekommen. Wir ritten erstmal Richtung Farmhaus und durch das neue Adventure Village, in dem wir und die Köchin jeweils ein eigenes Zimmer bewohnten. Danach ging es vorbei an der Burg, über den Campingplatz, hoch zur Lodge. Da es von Pegasus (dem Reiseveranstalter) geheißen hatte: „die Dame will reiten, kein Buch lesen!“ hängte ich noch eine Runde dran und ritt mit ihr rechts um den Lodge Berg herum in Richtung des kleinen Wäldchens im Westen der Farm. Für die gesamte Strecke brauchten wir etwas 2,5 Stunden. Dabei kreuzte eine große Herde Springböcke unseren Weg und wir konnten zahlreiche wilde Strauße begutachten. Auch eine Kuh, mit ihrem leicht lädierten Kalb, lief uns über den Weg. Das Kälbchen wurde ein paar Tage zuvor von einem Leoparden angeknabbert. Somit hielten wir lieber Abstand, denn die Mutterkuh schaute uns ziemlich böse an und senkte ihre Hörner, bereit ihren Nachwuchs, dem der Leopard die Schwanzspitze abgebissen hatte, zu verteidigen.

Wir galoppierten entspannt durch den Sand, ohne wilde Rasereien – für den Anfang. Ich ritt mein Lieblingspferd Josh, den ich gerne auf die gesamte Tour mitgenommen hätte. Leider war er doch etwas dünn, im Vergleich zu den anderen Pferden. Ich denke er hatte wohl einen Wurm und hoffte, dass die vorangegangene Wurmkur ihren Zweck erfüllt. Josh hat jedenfalls immer eine extra große Portion Luzerne Pellets von mir bekommen – Pssst nicht verraten!

Pferde fertig machen, am Cowboycamp


Am Abend kamen dann alle zum gemeinsamen Braai (= BBQ) zusammen. Das Farmerehepaar, Volontärin Sara, unser Gast und ich genossen das leckere Fleisch, welches Köchin Muis für uns zubereitet hatte. Wir standen um das Feuer herum und wärmten unsere müden Knochen. Die verrückte Muis, eine deutsche Namibianerin, die sich vor vielen Jahren als Köchin selbstständig gemacht hat, wuselte auf ihre amüsante Art zwischen uns hindurch. Ihre lustigen, bunten Klamotten standen in perfektem Kontrast zu ihren kurzen, lila gefärbten Haaren. Von nun an, würde sie uns jeden Tag mit Frühstück, Mittagsbrot und abendlichem Grillvergnügen verwöhnen. Ich schlug bereits am ersten Tag so zu, dass ich wusste, dass meine Abspeck-Pläne zum Scheitern verurteilt waren.

Die verrückte Muis – ein wahrer Paradiesvogel und super Gäste Entertainer!


Tag 2 – Auf den Spuren der Ahnen

Am zweiten Tag ritten wir gen Süd-Osten raus, in ein Gebiet, das ich noch sehr gut von den Farmtouren aus 2017 kannte. Ich zeigte Sonja unsere Leopardenschlucht, die Buschmann Küche und den alten Brunnen. Wer sich für die Geschichte der Ureinwohner interessiert kann in meinem Artikel von vor zwei Jahren einiges nachlesen. Die Tour verlief reibungslos und Sonja war sichtlich an den Infos, die nur so aus mir heraussprudelten, interessiert.

Die Leoparden Schlucht, hier warteten die Leoparden damals, bis sich die Tiere an der Quelle sattgetrunken hatten, um sich dann das leckerste, langsamste Exemplar herauszusuchen – Fastfood African Style!


Tag 2 – Der Nachmittag: Buschmanngeschichte

Am Nachmittag stand ein weiteres Highlight auf dem Programm, obgleich eigentlich jeder Tag ein Highlight beinhaltet. Obwohl, ich da da wahrscheinlich nicht ganz so objektiv bin.

Wir ritten hoch zum sogenannten Buschmann Zelt. Ich hatte Sonja nicht ohne Grund am Tag zuvor an einem kleinen Steilhang üben lassen, damit sie um den Grip der Pferdehufe auf den Granit Felsen Bescheid wusste. Ich ritt Mokka, sie ihren Attila – die gleiche Kombi, mit der Sara und ich ein paar Tage zuvor gestürzt waren. Das verriet ich ihr natürlich nicht. Mokka klettere voraus und Sonja und Atti (wie ich ihn gerne nenne) folgten. Diese Klettertour ist nichts für schwache Nerven. An der einen oder anderen Stelle merkte ich, dass es Sonja mulmig zu Mute wurde. Die Felsen waren zum Teil doch sehr steil und die Pferde mussten zwischendurch auch ein wenig springen, um den nächsten Vorsprung zu erreichen: „Immer schön an der Mähne festhalten und nach vorne lehnen!“ Als Sonja schon fast absteigen wollte, erreichten wir das erste Plateau, was die Strapazen direkt wieder wett machte. Der Ausblick von dort ist einfach immer wieder überwältigend.

Und das ist nur ein kleiner Teil der Ranch, den man überblicken kann

Vorbei am Adler Felsen ging es zum Buschmann Zelt


Das Buschmann Zelt ist schon ein ganz besonderer Spot. Hier kann man die Geschichte der Urahnen dieses Landes hautnah erfahren. Aschereste und alte Werkzeuge, zeugen von einem regen Leben unter dem Stein. Die kleinen Buschmänner konnten darunter bequem stehen. Bei mir würde das dauerhaft wohl zu Haltungsproblemen führen.

Das Buschmann Zelt - irgendwann ziehe ich hier ein!
Die Buschmänner wussten wo es sich schön leben lässt

Der Abstieg kostete auch noch einmal Nerven, aber Sonja vertraute meinen Fähigkeiten als Guide und meiner Zusicherung, dass die Pferde hier auch ganz von alleine hochlaufen, um noch nahrhaftes Gras zu finden. Die Ebenen sind mittlerweile schon sehr abgefressen und der Regen war dieses Jahr auch wieder ausgeblieben. Aus diesem Grund suchen sich die wilden Pferde ihr Futter an schwer zugänglichen Stellen, hoch in den Bergen der Ranch.

Auf dem Rückweg machten wir einen Schlenker zu Koiimasis` größtem, beeindruckendsten Webervogelnest. Ich bange jedes Jahr darum, dass es das noch gibt. Denn nichts kann einen Kameldornbaum töten – außer einem Vogel. Die gewieften Architekten, die riesige, tonnenschwere Nester aus Grashalmen bauen, sind nämlich wirklich miese Statiker und bauen ihre Nester am liebsten ans Ende eines Asts. Dies dient dem Schutz vor Schlangen, überlastet den armen Baum aber irgendwann. Außerdem nehmen die Nester dem Baum einen Großteil seiner Oberfläche wodurch er keine Fotosynthese mehr betreiben kann. Irgendwann werden die Nester dann zu groß und stürzen mitsamt Ast ab. Die Tonnen an Gras und Ästchen dienen dann aber wiederum anderen Tieren als Futterquelle, somit wird nichts verschwendet – typisch Afrika, typisch Ökosystem!

Hier seht ihr das Nest einmal von der Seite und einmal von unten. Wobei ich mich natürlich nicht direkt drunter gestellt habe, denn da können jederzeit Schlangen rausfallen oder man wird angekackt
Zu guter Letzt kletterten wir auf den sogenannten Hausberg, welcher genau in der Mitte von Koiimasis liegt. Den Aufstieg empfinden viele Tourie-Reiter bereits als Herausforderung. Da konnte Sonja aber nur noch müde lächeln, hatte sie doch gerade eine echte Klettertour zu Pferd hinter sich – ein wahrer Profi also!

Der Ausblick vom Hausberg

Die Tour war natürlich noch nicht vorbei, aber damit wir alle noch etwas länger davon zehren können, habe ich den Reisebericht in mehrere Teile aufgeteilt. Freut euch schon mal auf den nächsten Abschnitt, da wird’s wild!

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