Der Sommer in Namibia - Spoiler Alarm: er ist heiß!

Nun sind tatsächlich schon ein paar Wochen vergangen, seit meinem letzten Post. Ich hatte aber auch extrem viel zu tun in der Zwischenzeit. Um es langsam angehen zu lassen und die Kommunikation wieder aufzunehmen, dachte ich mir ich wähle ein unverfängliches Thema: das Wetter. Obwohl ich den Eindruck habe, dass nirgends so viel über das Wetter geredet wird, wie in Namibia. Aber es gibt auch wenige Orte wo man davon so derartig abhängig ist wie dort.

Tatsächlich war ich noch nie im Sommer in Afrika. Da Namibia unterhalb des Äquators liegt, sind die Jahreszeiten umgekehrt: wenn Deutschland Sommer hat, ist dort Winter. Wobei es in Namibia im Prinzip auch nur Sommer und Winter gibt. Frühling oder Herbst, wie wir es in Europa kennen, nimmt man dort überhaupt nicht wahr, es ist eher ein fließender Übergang. Da das Wetter viel vom Wind abhängt und was der gerade so vor sich herschiebt, eine Kalt- oder eine Warmfront, können die Temperaturen von einem Tag auf den anderen Locker um 10-15 Grad differieren, vor allem im Winter. Die winterlichen Nächte sind allerdings stets kalt. Als ich 2018 im Juni auf Koiimasis war, hatten wir sogar etwas Frost. Tagsüber lagen die Temperaturen im Schnitt bei 20 Grad.

Cowgirl Freda in der heißen Mittagssonne
 
Trinken nicht vergessen!

Im Sommer knallt es dafür richtig, aber das ist auch wichtig. Als ich hier im Januar ankam, hing gerade eine Kaltfront über der Savanne und brachte angenehme 30 Grad. Durch die trockene Luft, merkt man überhaupt nicht, dass man schwitzt. Im Grunde hätte die Kaltfront also gerne bleiben können wo sie war. Das Problem ist aber, dass nur die Hitzewelle auch den Regen bringt. Und wenn ich Hitze sage, dann meine ich das auch. Zwischendurch hatten wir locker 40 Grad oder sogar mehr. Und ich arbeite ja draußen in der prallen Sonne – den ganzen Tag. Ok, im Sommer sind die Arbeitszeiten etwas entspannter: ich stehe um 6 Uhr auf und bin so gegen 7 Uhr 30 am Stall, manchmal etwas später, wenn mein „Morning Briefing“ mit Wulff ein „biggi“ länger dauert. Dann arbeiten wir bis ca. 11:30 und machen Siesta bis 15 Uhr. Zuhause bin ich in der Regel zwischen 18 und 19 Uhr. In der Mittagshitze durch die Wüste zu reiten ist aber auch eine Qual. Ich habe mir einen Cowboyhut mit extra breiter Krempe zugelegt und literweise Sonnencreme Lichtschutzfaktor 50+ eingepackt.

Am Sonntag kühle ich mich gerne am Pool der Lodge ab

Dazwischen trinke ich literweise Wasser und hatte zeitweise schon Angst vor einer Blasenentzündung, weil ich so selten aufs Klo musste. Das Wasser verdampft sofort auf der Haut, weshalb ich so gut wie nie Schweißspuren auf meinen T-Shirts habe, nur Staub und Dreck. Tagsüber komme ich noch relativ gut zurecht mit den Temperaturen, aber nachts ist es selten unter 30 Grad in meinem Zimmer. Da ich mich aber nicht traue Türen und Fenster offen zu halten, habe ich auch nichts von der kühleren Nachtluft.

Die Gefahren des Sommers

Warum ich mich nicht traue? Es ist Sommer man – da gibt es neben Moskitos, Motten und anderem Krabbelzeug auch jede Menge giftiges Getier, dass mir nach dem Leben trachtet!
Die Leute hier wissen echt gut wie sie einem Mädel aus der deutschen Großstadt Angst machen können, mit Geschichten wie: „der Mann meiner Nichte wurde in seinem Wohnzimmer von einer schwarzen Mamba angegriffen … keine Sorge er hat überlebt, sie haben ihm schnell genug das Bein amputiert.“ Oder dieser: „da ging ich eines Tages über unsere Farm und schaute gedankenverloren auf mein Handy. Plötzlich bellte einer meiner Hunde und ich schaute auf. Vor mir hatte sich eine riesige schwarze Mamba aufgebaut und sich zum Angriff bereit gemacht…“, ok, danke ich brauche dringend einen Hund! 
Nachbarin Addie, die Frau von Farmersohn Tommy, wurde letzte Woche von einer Speikobra ins Auge getroffen. Nachdem ihr Hund am Hühnerstall Alarm schlug, wollte sie nach dem Rechten sehen. Die Kobra hatte es auf die Küken abgesehen und zielte direkt in Addies Auge. Zum Glück hatte sie nur eine geringe Menge Gift abbekommen und konnte es direkt mit Salzwasser auswaschen. Dennoch war ihre Angst natürlich Groß, vor allem weil so etwas immer nur dann passiert, wenn man alleine auf der Farm ist...

Tatsächlich darf ich im Dunkeln nirgendwo ohne Taschenlampe hin gehen, mache ich auch nicht! Farmerin Anke warnte mich davor, in dem sie mir erzählte, dass sie ein paar Tage zuvor barfuß durchs Haus ging und im Dunkeln etwas huschen sah. Da sie dachte es wäre eine Spinne wollte sie gleich drauftreten, besann sich aber eines Besseren… zum Glück, denn es war ein giftiger Skorpion, der im Farmhaus herumgeisterte.

Solange man also aufpasst, wo man hintritt und seine Hände nicht in irgendwelche Erdlöcher steckt, oder unter einem Baum campiert, vor dem eine eindeutige Schlangenspur zu sehen ist, ist man relativ sicher…. RELATIV. Im Winter hatte ich bislang überhaupt keine Angst, da galt meine Vorsicht eher den wilden Pavianen oder den streunenden Leoparden, aber im Sommer sind die Batterien der Kriechtiere aufgeladen und sie gehen auf Raubzug. Besonders die extrem giftige schwarze Mamba, die Puffotter oder die Afrikanische Baumschlange kommen gerne mal ins Haus, auf der Suche nach Nahrung, vor allem während der Dürreperioden. Ne, ernsthaft, ich brauche einen Hund und einen Säbel und am besten noch eine Sekretär Vogel, der ständig über mir kreist. 

Nachtfalter, die sich über eine Melonenschale hermachen. Bei offenem Fenster hat man die alle im Haus

Der ersehnte Regen

Die trockene Hitze ist also tatsächlich relativ gut zu ertragen und ich schlage mich besser als ich gedacht hätte. Kurz vor einem Gewitter steigt dann aber auch im Süden Namibias die Luftfeuchtigkeit und das haut dann wirklich jeden um. Zweimal hatte ich bereits heftige Kreislaufprobleme dadurch. Aber ein Cowgirl kennt keinen Schmerz! Deshalb: schlapp machen is nicht!

 
Eine wunderschöne Landschaft, mit Gras darauf aber noch 1000 Mal schöner!

Seit ich hier bin hat es auf Koiimasis tatsächlich einmal gut geregnet. Ein großer Teil der 15.000 Hektar Land hat knapp 10mm Wasser abbekommen. Ich staunte nicht schlecht, als zwei Tage später schon der erste grüne Schimmer zu erkennen war. Natürlich reicht das noch nicht aus, da die kleinen Hälmchen schnell der unbarmherzigen Sonne zum Opfer fallen. 

Nach diesem herrlichen Regen, war ich mit Anke und Wulff im Auto unterwegs um zu schauen, wo überall etwas runtergekommen war. Während wir draußen waren, schob sich schon wieder eine neue Wolkenfront von Osten Richtung Koiimasis. Als die ersten Tropfen vielen hättet ihr die beiden einmal sehen müssen. Wie die Kinder haben sie sich gefreut über das tolle Wetter. Sie lachten und jubelten und ich freute mich darüber sie so glücklich und unbeschwert zu sehen. Schon verrückt, was bescheidene Dinge wie Regen, den es im Deutschland (im Wahrsten Sinne des Wortes) im Überfluss gibt, in einer anderen Welt für einen großen Stellenwert haben, ja gar über Leben und Tot entscheiden können.

Im Vordergrund eine unserer Stuten, die mit ihren letzten Kraftreserven ihr kleines Fohlen gut versorgt. Im Hintergrund, Regen über der Nachbarfarm.
Erstes Gras auf Koiimasis

Wenn man hier mitbekommt, wie oft Wolken aus dem Osten aufziehen und fett und faul über der Landschaft hängen ohne auch nur ein Tröpfchen herauszulassen, nur um dann vom wieder auffrischenden Westwind weggepustet zu werden, fühlt man sich furchtbar machtlos und unbedeutend. Ich beginne auch bereits mit lächerlichen Abergläubischen Ritualen. Wie manche Sportler, die immer nur ihre Glücksunterhose bei einem Spiel tragen, schicke ich keine WhatsApp Nachrichten mehr, wenn die ersten Tropfen fallen und unterdrücke meinen Jubel – man will den Regen ja nicht verscheuchen – gaaanz cool bleiben, eiiiinfach kommen lassen... Bei dem Regen an besagtem Samstag, habe ich die ersten Tropfen komplett ignoriert und dachte: „das gibt ja eh wieder nix“, zack stand meine halbe Wohnung unter Wasser, weil der Wind den Regen durch meine weit geöffneten Fenster gedrückt hatte. Um meine Hintertür zu schließen musste ich einmal kurz raus, um den Haken zu lösen der die Tür an der Außenwand festhält. Nach zwei Sekunden war ich triefnass, wie frisch geduscht.

Realität auf Koiimasis. Sobald es geregnet hat werdet ihr diese dünnen Klappergestelle nicht mehr wiedererkennen. Nach 4 Wochen Gras sind sie wieder spicke fett und quietschfidel
Regen? Nein doch nicht, diese Wolken wurden einfach wieder weggepustet

Aber meistens ziehen die Wolken vorbei, oder regnen sich über den Nachbarfarmen aus. Allzu oft hätte ich mir gewünscht ein Loch in diese verfluchten Dinger schießen zu können, damit sie endlich ihr wertvolles Gut herablassen würden. Ich habe einmal davon gehört, dass es möglich sei eine Wolke zum „platzen“ zu bringen in dem man hineinschießt. Das funktioniert tatsächlich und nennt sich laut Wikipedia: „künstlicher Regen, das ist Regen der durch die „Impfung“ von Wolken mit Salzen und anderen Chemikalien von Menschen erzeugt wird.“
So etwas ist hierzulande natürlich nicht erlaubt. Außerdem würde einem der Nachbar dann auch ganz schnell den Hahn oder doch eher den Hals zudrehen.

So soll es aussehen: runde Pferde, gesunde Fohlen und riesige Oryx Herden. Leider habe ich dieses Foto auf Landsberg, der angrenzenden Nachbarfarm geschossen, wo es bereits mehrfach geregnet hat

Dieses Foto ist nur wenige hundert Meter von der Grenze zu Koiimasis entstanden… Auf Koiimasis war es zu dem Zeitpunkt noch sandig und mehr nicht


Vokabeltraining „Südwester-Deutsch“

Der Regen kommt immer aus dem Landesinneren, also von Osten. Vom Ozean schweben eigentlich nie Wolken herein. Das Wasser des Atlantiks ist hier so kalt, dass keine verdunstungsbedingten Wärmegewitter entstehen. Das einzige was der Westen schon mal mitbringt sind Sandstürme aus der Namibwüste. Die zweite Farm „Korais“ liegt zum Glück etwas weiter östlich und hat in den letzten Wochen richtig guten Regen abbekommen. Einige Riviere sind runtergekommen, wie man hier so schön sagt. Den Begriff nutzt man tatsächlich nur in Namibia und Südafrika, weil es kein entsprechendes deutsches Wort dafür gibt. Ein Rivier ist wie ein Flussbett, welches beinahe das ganze Jahr ausgetrocknet ist. Da es sich also nicht um ein dauerhaft fließendes Gewässer handelt, ist der Begriff Flussbett eigentlich nicht richtig. Ein Rivier entsteht, in dem das Wasser von den Bergen oder den höheren Hügeln abläuft und den Grund wegspült. Da diese Bereiche also tiefer gelegen sind, findet sie das Wasser jedes Jahr aufs Neue wieder. In den Betten ist der Sand viel lockerer und weicher als auf der übrigen Fläche. In trockenen Zeiten wird man schmerzlich daran erinnert, dass hier einmal Wasser geflossen ist. An den ausgespülten Kanten sieht man was für eine Kraft das herabfließende Wasser hatte. Außerdem werden die Riviere von zahlreichen Bäumen und Büschen gesäumt, die hier ihr Glück suchen. 

Ein Rivier auf Korais, welches letzte Woche runtergekommen ist | Foto: Addison Izko

Du fette Kuh du!

Wie in meinem letzten Artikel beschrieben, hat Farmer Wulff alle seine Rinder nach Korais umgesiedelt, da er auf Koiimasis herbe Verluste einstecken musste. Ich habe die Viecher gesehen, sie sahen schlimm aus, mager und schwach. Einen Monat später konnte man sie kaum wiedererkennen.

Milkshake und ich auf einem der Berge auf Korais – seht ihr das viele schöne Grün?

An einem Dienstag, etwa sechs Wochen nach meiner Ankunft, waren wir auf Korais um dort nach dem Rechten zu sehen und Rinder zusammen zu treiben. Ich staunte nicht schlecht. Das Gras war schon richtig lang und knallgrün. Die Rinder hatten sich überall in den Bergen verteilt und wir, bzw. unsere Pferde, krakselten über Stock und Stein auf der Suche nach den weit verstreuten Wiederkäuern. Die wissen echt wo das beste Zeug zu finden ist und versteckten sich tief in den Bergen. Auf unserem Weg sahen wir zahlreiche muntere, gut genährte Oryx Gazellen und in weiter ferne sogar wilde Zebras. Ich war ganz aufgeregt, die hatte ich bislang auch noch nicht gesehen – außer im Zoo natürlich. 

Eine Kulisse wie im Märchen, gleich kommt sicher Rotkäppchen um die Ecke
Da macht das Kühe schubsen gleich doppelt so viel Spaß! Die Rinder hatten jede Menge Energie und sahen top Fit aus

Das Ende der Regenzeit ist nah – aber die Hoffnung stirbt zuletzt

Jetzt hoffen wir natürlich weiter auf „gutes Wetter“ und beten, dass die mageren Pferde noch so lange durchhalten. Aktuell schlagen sie sich ihre Bäuche mit dem frischen, noch sehr kurzen Gras voll, aber wenn nicht bald der nächste Schauer kommt, ist der grüne Teppich so schnell verschwunden wie er aufgetaucht ist. Die Regenzeit geht offiziell von Dezember bis Ende Februar, aber wir haben die Hoffnung noch nicht Aufgegeben!

Ein grüner Teppich auf Koiimasis

Ich werde weiter berichten und im nächsten Artikel vielleicht endlich ein Foto von dem Wasserfall zeigen können, der direkt neben meinem Haus runterkommt, wenn das Rivier abgeht.

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Best of 2022 und 2023

Ranch Roping – Kühe fangen leicht gemacht