Unverhofft kommt oft – oder: Pläne sind zum verwerfen da

Wie aus einer normalen Reit-Tour plötzlich ein Fernsehbericht wurde

Nun habe ich mich tatsächlich lange nicht gemeldet. Der letzte Artikel war über die Tour Anfang November letzten Jahres. In der Zwischenzeit ist aber einfach so unfassbar viel passiert, dass ich weder Zeit noch Inspiration hatte mich an den PC zu setzen. Bis zu einem Sonntag im Mai, an dem in Deutschland ein Fernsehbeitrag über mich und mein Leben auf Koiimasis ausgestrahlt wurde…
Wie es dazu kam, dass ich im Sat1 Frühstücksfernsehn gelandet bin, das möchte ich euch hier erzählen.

Zu finden in der Sat1 Mediathek
 
Vorbereitung ist alles

Im Februar 2022 stand unsere allererste Gäste Tour an die Atlantikküste an. Mitte Januar fuhren wir dafür mit fünf Pferden in das kleine, altdeutsche Küstenstädtchen Lüderitz, um auszuprobieren ob die Ponys überhaupt ins Wasser gehen würden. Ich war fest davon überzeugt, dass wenn die Wüstentierchen die Wellen auf sich zurollen sehen, sie die 290 km nach Koiimasis alleine zurücklaufen würden. 

Die Pferde an der Lorry, im Hintergrund der Diaz Leuchtturm
 
Longieren im Ozean – zuerst haben wir die Pferde ins Wasser geführt, da ich mit extremer Gegenwehr gerechnet hatte
 
Wir haben uns allesamt die Schuhe versaut, aber den Spaß war es Wert!


Falsch gedacht, unsere Testkandidaten Bobby, Mokka, Attila, Nightwish und Hidalgo waren ganz begeistert vom Wasser. Sie haben sogar darin herum geplantscht und Immanuel musste Hidalgo davon abhalten einen auf Seepferdchen zu machen und auf Tauchstation zu gehen.

Bobby und Attila planschen im Meerwasser

Volontärin Ambre aus Frankreich war auch mit dabei, hier mit Attila

Bobby fand das Wasser total lecker, ich musste ihn davon abhalten es zu trinken

Hidalgo das Seepferdchen

Ich konnte es einfach nicht glauben, dass wirklich jedes der fünf Pferde ins Wasser gegangen ist

Auch die Unterkunft, im Hinterhof des Hotels „Krabbenhöft und Lampe“, erwies sich als pferdetauglich. Unser Testritt war also ein voller Erfolg und ich konnte mit ruhigem Gewissen und weit weniger Nervosität dem Gästeritt entgegensehen.

An Tag zwei war es vormittags super neblig, wir kamen uns vor wie die Geisterreiter

Später ist der Himmel aufgeklart und wir konnten am Strand entlang galoppieren

Wir hatten eine Trense zu wenig mitgenommen, also bin ich Attila den kompletten Tag nur mit Knotenhalfter geritten

 

Flexibilität ist alles

Ende Februar kamen dann unsere zwei Reitgäste an, die diesen Trip ein knappes halbes Jahr im Voraus gebucht hatten. Önne und Chrissi, zwei sehr nette, pferdebegeisterte Freundinnen aus Berlin. Der Tourplan stand, die Reittage waren durchkalkuliert, die Pferde auf Hochglanz poliert und auch in der Küche dampfte es bereits.

Von ihrer Facebook-Seite wusste ich bereits, dass Önne beim Sat1 Frühstücksfernsehen arbeitet, aber nicht, dass die dort als Redakteurin tätig war – sie hätte schließlich auch Buchhalterin oder Busfahrerin sein können. Nach dem ersten Tag auf Koiimasis – eigentlich schon nach den ersten paar Stunden – kam der lebensfrohen Berlinerin die Idee, für ihre Show einen Beitrag über Koiimasis zu drehen. Da sie wirklich nur als Tourist nach Namibia gekommen ist, war sie natürlich komplett unvorbereitet (genau wie wir) und nutzte kurzerhand ihr iPhone um die Interviews und Filmsequenzen zu drehen. Ohne jetzt Schleichwerbung machen zu wollen, aber die Video- und Tonqualität von so einem Ding ist schon unglaublich. Dagegen kackt mein kack Chinaphone voll ab!

Ich in meinem Element: Pferde fotografieren - aber natürlich mit der Kamera

 Somit entschärften wir kurzerhand das Reit-Programm und fügten ein paar Stunden „Filmdreh“ ein. Ich fand es zwar irgendwie lästig und ungewohnt mich von da an jeden Tag schminken zu müssen – was sollten die Pferde sagen, die erkennen mich so ja gar nicht?!… aber ich wollte auch wirklich nicht ungeschminkt ins deutsche Fernsehen kommen.


Klappe und Action… oder so

Diese Filmerei war natürlich ganz neu für mich, aber auch eine echt coole Erfahrung.
„Kannst du das nochmal wiederholen, aber diesmal komme ich etwas näher dran, ok?“, und dann hatte ich das Telefon quasi direkt im Gesicht, oder: „Ja, schön so, aber sag bitte nicht ‚wie schon gesagt‘ das kann das Publikum ja nicht wissen.“, oder: „kannst du das nochmal genauso sagen nur kürzer?“ – Äh klar, was habe ich eben gesagt?

Schnell stand für die Redakteurin fest, dass ich Mittelpunkt ihrer Story werden sollte. „Vom Partygirl zum Cowgirl“ – oder so… Man konnte genau merken wie sehr die Berlinerin für ihren Job brennt und dass sie echt Ahnung von der Materie hatte, selbst wenn sie normalerweise nicht selber die Kamera hält: „Können wir noch kurz hier – können wir noch kurz da – und das sieht auch immer toll aus, wenn – und falls du noch kurz etwas dazu sagen könntest…“.
Auch wenn ich irgendwann etwas gestresst war und oft in die pralle Sonne gucken musste, weil man so mein Gesicht besser erkennen konnte – blinzel, blinzel – das Resultat konnte sich sehen lassen. Die „kannst du noch eben`s“ haben im Endergebnis wirklich was hergemacht.

Unter diesem Link könnt ihr das Video anschauen:
https://www.sat1.de/tv/fruehstuecksfernsehen/video/2022594-von-der-partymaus-zum-cowgirl-clip

Natürlich bin ich jetzt mal wieder furchtbar selbstkritisch, aber ich denke, alles in allem mache ich eine einigermaßen ordentliche Figur?! Hoffentlich bringt der Beitrag auch ein bisschen Publicity für Koiimasis und nicht nur Heiratsanträge für mich – Scherz beiseite.

Jetzt machen wir aber mal das wozu ihr hergekommen seid!

Als es dann am 25. Februar endlich mit der Lorry (unserem LKW) nach Lüderitz ging, herrschte Filmverbot. Zumindest Fernseh-Film-Verbot, denn die Gäste sollten ihren Aufenthalt ja auch endlich einmal genießen und nicht nur arbeiten. Zumal Chrissi mit dem TV-Zirkus ja auch eigentlich nichts am Hut hatte. Sie fand es aber trotzdem interessant mal zu sehen, womit ihre langjährige Freundin so ihre Brötchen verdient.

Auf halber Strecke luden wir die Pferde erst noch einmal aus, um unseren Dünenritt durch die Namib Wüste zu machen. Ein tolles Erlebnis für Mensch und Pferd.

Der Ritt durch die Dünen der ältesten Wüste der Welt ist immer ein Highlight

Danach ging es weiter mit der Lorry auf der D707 – der most impressive road of Namibia – in Richtung Küstenstädtchen Lüderitz. Dort angekommen hatten die Pferde erst einmal Pause und wir begaben uns in die nächste Bar um dort zu essen und den Sundowner zu genießen. 

Gruppenfotos müssen sein
 

Große Bucht bis Diaz Point

Am zweiten Tag verluden wir die Pferde wieder und fuhren zur sogenannten Großen Bucht. Dort war es noch relativ kühl und super neblig. Typisches Lüderitz Wetter eben. Zum Glück blieben wir vom Wind verschont, der ist dort nämlich berühmt berüchtigt.

Ein entspannter Strandgalopp über die Große Bucht
 

Der Nebel verzog sich aber im Laufe des Vormittags und wir konnten die Fuß- bzw. Hufspuren von unserem Testritt im Januar wiederfinden. In Lüderitz gibt es nämlich keine Pferde. Was auch die großen Augen der vorbeifahrenden Passanten erklärte. Wir waren ein willkommenes Fotomotiv und sicher Stadtgespräch Nummer eins in diesen Tagen.

Einmal lächeln für die Kamera bitte

An diesem Samstag ritten wir entlang der klüftigen Küste gen Norden und ich war durchweg erstaunt wie gelassen die Pferde die hochspritzende Gischt nahmen. Also wenn ich ein Fluchttier aus der Wüste wäre, ich hätte mir sicher in die Buxe gemacht! Das einzige, was die Ponys und allen voran Nightwish, gruselig fanden, waren die ungeheuerlichen Seeschlangen – lange schlangenartige Algen, die den grau-gelben Sand bevölkerten. Nach ein paar lustigen Hüpfern beruhigte sich unser Pferde-Opi aber und beließ es dabei die leblosen Kobras und Mambas anzuprusten.

Nightwish und ich traben durchs Wasser
 

Am sogenannten Diaz Point – dem Platz wo Bartolomeu Diaz 1488 ein steinernes Kreuz als Zeichen portugiesischer Okkupation errichtet hat – angekommen, luden blauester Himmel und ein seichter Wellengang zu einem kleinen Bad ein. Die Pferde freuten sich über die Abkühlung und die Menschen waren beeindruckt von den braven Seepferdchen.

Badenixen Önne und Chrissi

18,4 km in 3h 46min

Wenn Pferdemädchen-Träume wahr werden

Am nächsten Tag starteten wir aus süd-östlicher Richtung von Griffith Bay aus. Nach einigem felsigen Auf und Ab, ritten wir über die schöne Kartoffel Bucht, die so genannt wird, weil dort tatsächlich einmal Kartoffeln angeschwemmt wurden. Ein heiterer Fun Fact der Schimmel Attila allerdings herzlich egal war, denn er wollte sich dort lieber mit samt Reiterin wälzen. Die lang gezogene Sturmvogel Bucht lud zu herrlichen Galoppepisoden ein, wobei man die Überreste der alten norwegischen Walfangstation, die 1914 errichtet und nur wenige Jahre in Betrieb war, sehen konnte.

Immanuel und Hidalgo im vollen Galopp

Attila schnuppert frische Meeresluft

Der zweite Reittag war zwar etwas kürzer, aber es gab auch deutlich längere, malerische Galoppstrecken. Welcher Reiter träumt nicht davon einmal mit seinem Pferd am Meer entlang zu flitzen? Als ich mich für ein Leben in der Wüste entschieden habe, habe ich den Gedanken an Wasser komplett verworfen. Bei uns auf Koiimasis führen wir ja schon einen Freudentanz auf, wenn es alle paar Jahre einmal anständig regnet. Und so durfte ich diese unglaubliche Erfahrung gleich zweimal hintereinander machen, mit tollen Pferden und begeisterten, dankbaren Gästen. 

Super happy Gäste
 


Ein gelungenes Abenteuer

Am dritten Tag fuhren die Pferde voraus und wir machten noch einen Besuch in der Geisterstadt Kohlmanskuppe, von der ich 2017 ja schoneinmal berichtet hatte

Jeder Besuch lohnt sich, denn der Wind lässt die Gebäude jedes Mal anders aussehen

Ein sehr sandiger Badespaß

Drei Tage später brachten Wulff und ich unsere Gäste nach Windhoek und ich wartete dort auf meine Mutter, die drei Tage später eintreffen würde. Wir würden uns von Windhoek aus auf eine abenteuerliche Tour durch den Norden des Landes, von Etosha in den Caprivi Zipfel machen – aber das ist eine andere Geschichte.

Diese Tour, die wirklich etwas anders verlaufen ist als geplant, hat meine Flexibilität und Spontanität enorm auf die Probe gestellt – dennoch oder gerade deshalb, ist es ein Abenteuer geworden, das keiner der Beteiligten je vergessen wird. Natürlich habe ich hier nur einen kleinen Auszug aus den 12 Tagen mit Chrissi und Önne wiedergegeben, es ist noch sooo viel mehr passiert, was hier aber definitiv den Rahmen sprengen würde. 

Ich hoffe euch hat dieser kleine etwas verspätete Artikel gefallen und wer weiß, wenn der TV-Bericht, über das Partygirl, das zur Pferdeflüsterin wurde gute Quoten erzielt, darf die liebe Önne sogar noch einen zweiten Bericht aus ihren vielen Stunden Filmmaterial schneiden. Daumen drücken!

Big Boss Wulff, ohne den dieses verrückte Abenteuer nicht möglich gewesen wäre


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