Kleine, nicht so alltägliche Alltagsgeschichten – Teil 1


Hier geschieht jeden Tag so viel Lustiges, Skurriles und Ungewöhnliches, dass ich euch gerne davon erzählen möchte. Leider eignet sich nicht jede Story für einen ganzen Blogartikel. Aus diesem Grund habe ich einmal ein kleines Kuriositätenkabinett meiner ersten vier Wochen in Namibia zusammen gestellt – viel Spaß beim Lesen!


Autofahren in Namibia – Linksverkehr ist tückisch

Eines Abends erzählten die Izkos lustige Geschichten von ehemaligen Volontären und ich fragte welche Geschichte sie wohl über mich erzählen werden, wenn ich wieder weg bin? Da wurde gar nicht lange überlegen und alle kamen einstimmig auf meinen Fahrstil…
Auf der Farm habe ich mein eigenes Auto, was man dort tatsächlich benötigt, hier geht niemand groß zu Fuß. Ich als Städter bin es zwar gewohnt, längere Stecken zu laufen, weil man das Auto lieber auf einem ewig gesuchten Parkplatz zuscheißen lässt, als einen solchen Top Platz (egal wie weit weg er ist) aufzugeben. Dennoch sind die Dimensionen hier etwas größer und die Wege sind verdammt sandig – in der Wüste… komisch.

Dieses Schlachtschiff hört auf den schönen Namen Lady

Nun habe ich also meine „Lady“, wie sie hier scherzhaft genannt wird (ja, hier hat alles einen Namen). Ich nenne sie gerne das Höllengerät! Das Höllengerät – pardon, die Lady ist ein uralter, riesiger, klappriger Land Rover von 1968, weiß lackiert, mit einer Ladefläche. Bitte denkt euch den Rest, denn das sind schon alle Informationen die ich, über egal welches Autos, weitergeben kann. Jedenfalls hat die gute Lady noch nie etwas von Sicherheitsgurten, Nackenstützen, Rück- oder Seitenspiegeln gehört und ihr Lenkrad ist auch auf der falschen Seite. Außerdem wird das hintere Fenster komplett, von dem nachträglich eingebauten Diesel Tank, verdeckt. Naja gut, hier auf der Farm kommt mir zum Glück eher selten jemand entgegen – bislang sind die immer ausgewichen.
Wer beim rückwärts Ausparken hinter mir steht wird gnadenlos umgewalzt, das durfte eine der Schubkarren neulich am eigenen Leib erfahren (– sorry nochmal). Die Spuren im Sand, durch den ich sie knapp fünf Meter geschoben habe, erkennt man immer noch… soviel zum Thema Spuren hinterlassen…
Morgens holen Lady, Floh und ich das Futter für die Pferde und abends geht es dann die zwei Kilometer zurück zur Burg. Leider geht die Sonne hier mittlerweile schon sehr früh unter, weshalb ich inzwischen immer im Dunkeln zu meinem Häuschen fahre. Dass Lady nur einen funktionierenden Scheinwerfer hat, welcher ungefähr so viel Licht spendet wie ein Smartphonedisplay, macht die Fahrt nicht gerade sicherer.
Und dennoch, wenn ich den komplizierten Anschaltprozess überwunden habe…

1.       Knopf neben Lenkrad rein drücken,
2.       den Schlüssel erst nach recht, dann leicht nach links drehen um Öl zu pumpen 1-2-3-4-5,
3.       den Schlüssel nach rechts drehen, 15 - 20 Sekunden, aber auf keinen Fall länger,
4.       dann den Schlüssel komplett durch drehen, Gas geben und die Kupplung kommen lassen,
5.       hoffen dass sie anspring!
6.       Wenn sie nach zwei erfolglosen Versuchen nicht startet, Tommy anrufen.

…tuckern Lady und ich friedlich, mit maximal 40 km/h, über die Ranch – ich vermisse meinen Smart!

Namibische Nächte sind verdammt dunkel und ohne Scheinwerfer noch schwärzer


‚Braai geht immer‘ - Freda und das Fleisch

Wie einige von euch wissen war ich die letzten vier Jahre Vegetarier. Damit ich hier nicht als Spaßbremse durchzugehe, habe ich mir bereits zuhause das Fleischessen wieder antrainiert – auch um vor Ort keine bösen Überraschungen zu erleben. Ich muss sagen, es schmeckt mir sehr gut! Wer meinen letzten Artikel gelesen hat weiß, mehr Bio geht im Grunde gar nicht mehr – somit habe auch kein schlechtes Gewissen. Zum wöchentlichen Braai (= Barbecue) gibt es meistens Schaaf. „Hast du schon mal Schaaf gegessen?“ wurde ich gefragt, „Jaaa, ewig her, is aber nicht so meins“, habe ich geantwortet und dennoch probiert. Das namibische Schaaf schmeckt aber tatsächlich ganz anders als zuhause, kaum nach Schaaf – wirklich gut! Beim Braai halten wir es hier wie die Buchmänner, die es bis vor 100 Jahren noch auf Koiimasis gab, und essen so viel bis sich unsere Bäuche ordentlich aufwölben – Vorrat für eine Woche.
Das exotischste was ich bisher gegessen habe war Oryx. Die Antilopen leben hier frei und kennen keine Zäune, bzw. die Zäune der Farmen sind so angelegt, dass die Wildtiere sie leicht überwinden können. Wenn eine geschossen wurde, wird das gesamte Tier sofort verwertet. Leider sind meine Fleischzubereitungskünste etwas eingerostet, weshalb es bei mir immer etwas zäh wird. Letzten Sonntag gab es bei Tommy aber „Potje“, Namibischen Eintopf mit allem möglichen drin, eben auch Oryx. Hierfür köchelte das Fleisch in einem großen gusseisernen Topf, zusammen mit Gemüse und Kartoffeln, locker drei Stunden, wodurch es super zart wurde – mega lecker!

So ein Lagerfeuer ist was Feines – vor allem da es ordentlich kalt wird, sobald die Sonne weg ist


Großwildjagt – Ich werde hier zum Killer

Wo wir gerade beim Fleisch waren… ich habe einen Gecko getötet. AUS VERSEHEN!!! GANZ ERHLICH!!! Na gut, das kleine Kackvieh hat mir meine Dusche vollgeschissen und ich hatte es schon dreimal aus der Wohnung geworfen, dennoch war es ein Unfall. ICH SCHWÖRE!!!
Eines Abends habe ich, wie immer, die Fenster zugemacht um keine Mücken anzulocken, da muss er mir dazwischen geflutscht sein. Am nächsten morgen fand ich ihn… zerquetscht zwischen Fenster und Rahmen… sein kleiner Körper war im Zickzack gebogen und auf der anderen Seite schaute der Kopf raus… sorry Gecko… es war wirklich keine Absicht!!!

Einen Tag später hat sein Nachfolger auf meinen Tisch geschissen – na warte Bürschchen…


Eine sehr kurze Pause – oder wie ich beinahe zum Mittagessen wurde

Auf einem unserer Viehtriebe haben Tommy und ich eine Lunchpause, an einer der Wasserstellen auf Korais, eingelegt. Es gab Salamisandwisches und Biltong (= Trochenfleisch, welches wirklich verdammt lecker ist) und zum Nachtisch Schoko Ostereier. Die Pferde hatten wir, wie immer, an einen Baum gebunden und uns selber auf eine kleine Mauer gesetzt. Um uns herum lagen jede Menge getrocknete Kuhfladen – naja frische Landluft, sagt meine Mutter immer. Im Hintergrund, nur ein paar Meter von uns entfernt, krakelten einige Paviane. Tommy machte die Schreie nach um sie zu verscheuchen – einen kahlen Affenpo wollten wir lieber nicht in unserem Essen haben.
Die Paviane hier werden nicht von Menschen angefüttert und sind dementsprechend wild. „Wir Farmer hassen die Poviane – so nennen wir sie“, erklärte Tommy mir, „die verwüsten einfach alles und stehlen“. An dieser Wasserstelle wurden früher auch Ziegen gehalten. Wenn die Mütter draußen waren zum grasen, mussten die Jungtiere in den Gehegen bleiben um nicht von Leoparden etc. erwischt zu werden. Freie Bahn für die Paviane, die sich einen Spaß daraus machten den kleinen Zicklein die Beine auszureißen. „Aber nur um sie zu fressen!?“, fragte ich ganz entsetzt. „Auch um sie zu fressen, aber manchmal auch nur um zu morden“, antwortete Tommy. Ich war fassungslos – sind den Menschen doch ähnlicher als man denkt…
Dann war plötzlich großes Geschrei unter der Affenbande und alle rannten davon. Tommy äußerte den Verdacht, dass das sicher gerade ein Leopard war, der sich eines der Kleinen geholt hat. „Wir sollten dann mal aufbrechen!“ Zuerst war ich noch ganz entspannt, aber nachdem Tommy dann doch etwas mehr Gas beim Zusammenpacken gab, habe ich den Ernst der Lage erkannt und mein Pferdchen schnell startklar gemacht. Katzenfutter wollte ich dann doch nicht werden!

Hier dösen Gaucho (links) und Nightwish (rechts) noch ganz friedlich im Schatten


12.916 Kilometer entfernt und trotzdem – Düsseldorf verfolgt mich

Anscheinend ist Namibia zurzeit das Mekka für Düsseldorfer. Ich lerne hier immer wieder deutsche Touris kennen, meistens Paare mittleren Alters. Auf den Farmrundfahrten, die ich gerne begleite oder an der Lodge, wo ich öfter meine Sonntage am Pool verbringe, kommt man schnell ins Gespräch und irgendwann kommt die Frage nach der Herkunft… „Näää, da wohnen wir auch – wie klein die Welt doch ist“, verdammt klein, ein Dorf!
An Ostersonntag war ich spontan bei einer Familie, welche die Feiertage auf dem Campingplatz hier verbracht hat, zum Braai eingeladen. Eine bunte Mischung aus weißen Namibianern und Philipinos und eben auch der Schwiegertochter „Anna“, die bis vor zwei Jahren noch in Düsseldorf, nur ein paar Straßen von mir entfernt, gewohnt hat. Ein lustiger Abend (nochmal Danke für die Einladung) und es gab sogar original Killepitsch, na dann Prost!

Passt zwar nicht zum Text, aber die Sonnenuntergänge hier sind unschlagbar

Kommentare

  1. Mein Karma ist wieder hergestellt, heute morgen habe ich einen kleinen Gecko aus einem Wassereimer gerettet :D

    AntwortenLöschen

Kommentar veröffentlichen

Beliebte Posts aus diesem Blog

Best of 2022 und 2023

Ranch Roping – Kühe fangen leicht gemacht