Wild Wild West
Mein erster
Viehtrieb nach Cowboyart
Siebentausend
Rinder –
Kinder, Kinder, Kinder.
Im Sommer und im
Winter,
immerzu lauter
Pferd, lauter Kuh – Muuuh
Ein Lied aus meiner Kindheit aufm Ponyhof, welches mir den ganzen Tag durch den Kopf ging...
Der Chef hatte mir diese Tour bereits an meinem ersten
Tag, auf der Fahrt von Windhoek in die Wüste, angekündigt. Wir, also sein Sohn
Tommy und ich, würden Rinder zusammentreiben, damit diese abtransportiert und verkauft
werden könnten…
Los geht´s – Sonnencreme
eingepackt?
Am Dienstagmorgen um sieben Uhr ging es dann los. Zuerst haben wir unsere Reitpferde auf den kleinen Laster „die Lorry“, wie sie hier liebevoll genannt wird, verladen und danach unsere Sättel, Satteltaschen, Trensen, Putzzeug, Wasserflaschen (!) etc. eingepackt.
Dann ging es auch schon los Richtung Korais, der zweiten
Farm der Familie Izko, auf der zurzeit sämtliche Rinder leben, da es auf
Koiimasis zu wenig zu fressen gibt. Auf Korais, obwohl nur 42 Kilometer entfernt,
hatte es dieses Jahr zum Glück etwas geregnet, so dass die Futterpflanzen wachsen
konnten.
Im Laster wurden die sechs Pferde ordentlich
durchgeschüttelt, da es zwischen den Farmen keine asphaltierten Straßen sondern
nur steinige Sandwege gibt. Unsere Pferdchen zuhause hätten längst gestreikt!
Ich fragte Tommy, ob auf der Fahrt schon mal etwas Schlimmeres passiert sei?
„Joa, unser alter Laster ist mal umgekippt […] einige Top Pferde und auch ein
paar Rinder, die geladen waren, haben sich die Beine gebrochen…“. Die Tiere
wurden dann direkt an Ort und Stelle erlöst.
Allerdings hatten sie damals noch „Glück“, dass sich der Laster nicht
überschlagen hat, sondern „nur“ zur Seite gekippt ist und von einem Felsen
aufgehalten wurde, ansonsten wäre der Schaden nicht auszudenken gewesen.
All die schönen
Pferde
Auf Korais angekommen, haben die Männer die bereits
vorhandenen Rinder umsortiert und ich konnte ein paar Fotos von den schicken
Hengsten machen, die uns besuchen kamen „Was ist denn hier los? Neue Freunde?
Hallohohhoohoo!“
All die schönen Pferde |
Dann begannen Tommy und ich auch schon unsere Pferde zu satteln.
Ich sollte am ersten Tag Attila reiten, einen schlanken, dunklen Apfelschimmel
– schickes Kerlchen. Wir ritten um 20 vor 11 los und galoppierten über wunderschöne
sandige Wege zwischen den Bergen. Die Temperaturen waren angenehm, ich schätze
es waren so 25 Grad. Daher war es nicht so schweißtreibend und durch den
„Reitwind“ einfach herrlich. Auf unserem Weg sind wir immer wieder an kleinen
Rindergruppen von drei/vier Tieren vorbei gekommen „Die nehmen wir später mit!“
– OK. Die sandigen Wege hörten
schnell auf und die Pferde mussten über sehr steinigen, felsigen Untergrund
traben. Dabei musste ich an das Stütchen, welches ich zuhause reite, denken,
die bei ein bisschen Schotter gleicht kapituliert und wie auf rohen Eiern läuft… Es ist irre wie trittsicher die Pferde hier sind und was
ihre Hufe und Beine alles problemlos mitmachen.
Siesta nach
Cowboyart
Nach ca. 2,5 Stunden schnellem Ritt hatten wir das Ende
der Farm erreicht und hielten unsere Siesta unter einem kleinen Baum ab, in dem
ein großes Webervogelnest hing. Die Vögel waren von den „komischen Aliens“ nicht
so begeistert, die unter ihrem Haus rasteten. Aber sie würden sich über die
Krümel freuen, die wir hinterlassen hatten. Der Platz war herrlich, nachdem wir
Ausschau nach Schlangen und Skorpionen gehalten hatten, ließ es sich hier prima
ausruhen. Jetzt noch ne Hängematte und ich bleibe hier! Wir verschlangen
hungrig das „von Mudda“ zusammengestellte Lunchpaket – köstlich!
Hier lässt es sich aushalten |
Genug Pause, jetzt
wird’s ernst
Danach ging es ans Rind. Wir sammelten die paar Rinder
ein, die sich in unserer Nähe niedergelassen hatten und trieben sie runter. Die
Viecher bewegten sich schnell vorwärts – die wissen anscheinend wie´s läuft! Um
die Rinder in einer Gruppe zu halten müssen die Reiter rechts und links hinter der
Gruppe her reiten und zeitweise Ausbrecher einfangen. Es ist auch wichtig, dass
man mit dem Pferd nicht vor ein Tier gerät und diesem dadurch den Weg
abschneidet, denn wenn ein Rind umdreht, drehen gerne alle um und stürmen davon:
„OMG, wenn der umdreht muss da ein Monster sein!“ – sind eben auch nur Fluchttiere.
Hop, Hop ihr Rindviecher |
Ich denke ich hatte den Dreh schnell raus, außerdem war
mein Pferd einfach toll! In dem Moment, wenn du schnell nach links musst um ein
paar Ausreißer einzufangen, du aber den richtigen Winkel erwischen musst, um
die Gruppe nicht von hinten in die falsche Richtung zu treiben und du darauf
achten musst die große Herde nicht versehentlich zu trennen, kannst du nicht
auch noch über Hilfengebung nachdenken oder mit deinem Pony streiten. Attila
hat einfach „funktioniert“ ich bin absolut begeistert, wie ich das Pferd mit
kleinsten Gewichtshilfen lenken konnte (für die Nichtpferdemenschen: lenken des Pferdes durch Verlagerung des Körpergewichtes des Reiters im Sattel). Die Zügel hingen fast die ganze Zeit
durch. Als würde er ahnen, was ich vor habe reagierte Attila prompt – was nicht
zuletzt dem guten Training durch Tommy zu verdanken ist – Respekt!!
Auf dem Weg haben wir immer wieder kleinere Rinder „Familien“ eingesammelt, schnell hatten wir eine ansehnliche Gruppe zusammen. Plötzlich meinte Tommy: „ich hol noch schnell die“ und zeigte auf eine kleine Gruppe hinter uns „die [und zeigte auf unseren Trupp] müssen nach links“. Kein Problem, dachte ich und trieb die Rinder gemächlich weiter.
Selfietime |
Auf dem Weg haben wir immer wieder kleinere Rinder „Familien“ eingesammelt, schnell hatten wir eine ansehnliche Gruppe zusammen. Plötzlich meinte Tommy: „ich hol noch schnell die“ und zeigte auf eine kleine Gruppe hinter uns „die [und zeigte auf unseren Trupp] müssen nach links“. Kein Problem, dachte ich und trieb die Rinder gemächlich weiter.
Nach 10 Minuten war Tommy immer noch nicht wieder zurück.
Langsam wurde ich nervös. Attila wieherte die ganze Zeit, weil er seinen
Pferde-Freund vermisste. Weitere 10 Minuten später war ich noch nervöser: Sollte ich stehen bleiben und warten? Und
die 40 Rinder verstreuen sich dann in alle Himmelsrichtungen? Zusammen mit den
Rindern würde er mich wohl am ehesten wieder finden, bei dem Staub den wir
aufwirbeln!? Und wenn Tommy vom Pferd gefallen ist? Ach, der fällt nicht vom
Pferd… und wenn doch? Ich ruf mal an… kein Netz… Attila halt die Schnüss und
hör auf rum zu schreien! Rinder, würdet ihr mal kurz stehen bleiben? Nein? Ok…
Und dann sah ich die sich nähernde Staubwolke, die Tommy
und seine Rinder aufwirbelten, da war ich nicht mehr allein in der verdammten
Wüste. Ich habe mir natürlich nix anmerken lassen. Total cool: „nur das Pferd
hatte etwas Verlustängste und hat rumgeplärrt“ – ja ne, is klar.
Auf den Schreck erst mal ne Erfrischung - Pferdewarme Coke, lecker! |
Der restliche Ritt verlief entspannt. Tommy pfiff die ganze
Zeit ohrenbetäubend vor sich hin um die Rinder voran zu treiben – es piept
immer noch in meinem rechten Ohr, autsch. Da ich nicht so laut pfeifen kann,
saß ich doch eher wortkarg auf meinem Pony. Einmal mussten wir dann aber die
komplette Herde umlenken und das klappte bei mir nicht so recht. „Du musst ein biggi
Krach machen“, meinte Tommy. Ok – da
ich aber nicht so laut Pfeifen kann hielt ich mich lieber an ein lautes: „HEY,
HEY, HEY“, was mir anfangs irgendwie komisch vor kam, man gewöhnt sich aber daran.
Bei einem besonders störrischen Exemplar rutschte mir einmal ein lautes „los
du kleine Scheißkuh“ raus. „Die sprechen kein Deutsch“, lachte Tommy mich aus.
Ich ließ es mir dann von ihm auf Afrikaans übersetzten: „Also dann los duuu: klein
kak koei“.
Auf unserem Weg haben wir viel entdeckt – wie dieses
verlassene Schäferhäuschen
|
Und was macht man
mit so viel Kuh?
Ein solcher Viehtrieb ist übrigens besonders stressfrei
für die Rinder. Mancherorts werden die Tiere mit Motorrädern oder Quads
zusammen getrieben. Die Izkos bauen noch auf die gute alte Cowboyart, was zum
einen Sprit spart und sich am Ende auch in der Qualität des Fleisches beeinflusst.
Das namibische Fleisch ist übrigens, neben dem aus Botswana, das einzige afrikanische
Rindfleisch, welches nach Europa und China verkauft werden darf, da es qualitativ
so hochwertig ist und ohne Antibiotika etc. auskommen kann. Aufgrund des extrem
trockenen Klimas haben Krankheitserreger quasi keine Chance sich auszubreiten.
Die Tiere leben ihr gesamtes Leben frei auf einem riesigen Gebiet und sehen
kaum mal einen Menschen. Mehr Bio geht schon gar nicht mehr. Die Kühe behalten
ihre Kälber bei sich, bis sie von der Mutter unabhängig und alt genug sind um
geschlachtet zu werden. Zu diesem Zeitpunkt schmeckt das Fleisch angeblich am
Besten.
Auf dem Weg Richtung Wasserstelle |
Am Ende hatten wir über 70 Rinder eingesammelt und
landeten um 10 nach 5 am Corral von dem aus wir gestartet waren. Ich traute
mich zuerst nicht abzusteigen und witzelte, man solle mich mit samt Sattel vom
Pferd hieven, da meine Beine nicht mehr zum Laufen fähig wären. Es klappte dann
aber doch noch, ich war zwar ein bissi Seekrank – der Boden unter mir galoppierte
weiter – aber es ging. Ich hatte schließlich sechs Stunden im Sattel gesessen!
Eine wahnsinnig tolle Erfahrung, wie die Cowboys in den alten Western. Und
morgen geht’s weiter auf die andere Seite der Ranch!
Feierabend – für heute! |
Der Nächste Tag – wo
ist die Kuh?
Am nächsten Tag sind wir in eine andere Ecke der Ranch
geritten. Korais ist wesentlich bergiger als
Koiimasis, somit sind wir den ganzen Tag über felsige Berge und durch
tiefe Schluchten gekrakselt. Wenn ich die Pferde vom Vortag für ihre
Trittsicherheit gelobt habe, dann haben die heutigen Ponys noch eine Schippe
drauf gelegt. Wege gab es hier nicht mehr, wir haben einfach nach Pfaden
gesucht, die für die Pferde bestmöglich passierbar waren. Die Pferdis vom Tag
zuvor, haben jetzt übrigens „Ferien“ um auf Korais ein bisschen Speck
anzusetzen.
Ein wahres Bergpony: Poco Lasos |
An diesem Tag haben wir leider keinerlei Rinder gefunden.
Ich habe aber jede Menge Oryx Antilopen gesehen, einige Springböcke, viele Pferde,
einen Schakal, den Pfotenabdruck von einer verdammt großen Katze und jede Menge
Kriechzeug.
Da wir teilweise an Stellen unterwegs waren, an denen
wahrscheinlich seit Jahren kein Mensch mehr entlang gekommen ist, hielt Tommy es
für nötig mir zu erklären, was ich machen muss, wenn ein Leopard auf uns zu
kommt: „Wir sehen die nicht, aber die sehen uns!“ Da wurde mir doch ein wenig
mulmig zumute. Ich habe jetzt also gelernt, dass es am Besten ist schon vorab
ordentlich Krach zu machen, damit die Viecher sich gar nicht erst ran trauen. Wenn
dann aber doch mal ein neugieriges „Kätzchen“ ankommt, ist es wichtig auf
keinen Fall ihren Jagdinstinkt zu wecken, in dem man davon rast. Obwohl Pferde
dies in einer solchen Situation natürlich instinktiv tun würden. Hier ist es
wichtig dass „die Bremse“ funktioniert, man also die Hinterhand des Pferdes
eindrehen kann um es am Wegrennen zu hindern.
Durch Berg und Tal |
Zum Glück sind wir keinem Raubtier begegnet und unsere
Ponys (und ich) konnten durchatmen. Wir haben aber andere interessante Dinge
entdeckt:
Dieser Brunnen wurde wahrscheinlich vor 150 Jahren von den deutschen Schutztrupplern erbaut |
Der Brunnen führte sogar noch Wasser, welches allerdings
bestialisch stank, da hier im Laufe der Jahre mit Sicherheit einige Tiere hinein gefallen sind. Dort
haben wir auch gleich unsere Mittagspause eingelegt, es gab Sandwiches und
Schoko Ostereier – danke Anke!
Bloß nicht rein fallen – 100 Jahre alter Zement ist
tückisch
|
Der zweite Tag war also eher ein ausgedehnter
Erkundungsritt, da wir außer jeder Menge Dung, nichts von irgendwelchen Kühen
gesehen haben. Das war aber kein großes Problem, da wir ja am Vortag bereits
mehr als genug Rindviecher eingesammelt hatten. Aus unseren ca. 70 Kühen, hat
Wulff dann 16 Jungrinder ausgewählt und diese am Ende der Woche nach Mariental
gefahren, wo sie dann verkauft werden würden.
Mission erfüllt – nächste Woche gibt es dann das gleiche
Spiel noch einmal, ich freue mich schon
darauf!!!
So ein Pony eignet sich übrigens auch perfekt als Getränkehalter – für drei Sekunden |
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