Regen

 „Iss schön deinen Teller auf, sonst regnet´s nicht“

Das kennen wir bei uns eher andersherum. In der Ecke von Namibia in der Karas Region, wo ich gerade bin hat es nun seit drei Jahren nicht mehr ausreichend geregnet. Die Landschaft sieht trotzdem faszinierend aus, roter Sand, rote Granitfelsen, einzelne verdorrte Bäume und Büsche die daraus hervorragen… Wenn Wind weht und das tut er, vor allem abends, trägt dieser den Sand aus der Namib Wüste weit ins Landesinnere hinein. Bei untergehender Sonne ist dies ein einmaliges Naturschauspiel.

  
Hinter den Bergen beginnt die Sandwüste

Für die ansässigen Rancher, genauso wie die wilde Tierwelt ist dies aber verheerend. Nach ausreichend  Regen reicht einem das Graß bis weit übers Knie und die Wüste sieht noch tausendmal schöner aus, wurde mir versichert. Dafür muss es auch keine 8 Wochen durchregnen. 100 bis 150 mm innerhalb der drei Monate Regenzeit reichen aus, um die Landschaft umzukrempeln. „Die Wüste ist sehr genügsam“, erklärte mir Wulff auf unserer Fahrt Richtung Koiimasis. Zum Vergleich, in Düsseldorf gab es 2016 rund 641,3 mm Niederschlag, der deutsche Durchschnitt liegt bei 700 mm pro Jahr.
Würde der Regen in einem Schlag herunter kommen wäre dies aber auch nicht ideal, zum einen kann der trockene Boden diese Wassermassen überhaupt nicht aufnehmen und verwandelt die Hügel und Berge in Sturzbäche. Hierbei werden sämtliche Wege, welche mit dem Auto befahren werden können, weggespült – obwohl das natürlich eher ein „Luxusproblem“ darstellt. Das Problem sind eher die Gräser, die eine „regelmäßige“ Wasserzufuhr benötigen um ab einer gewissen Länge der Sonne standhalten zu können. Regnet es in einem Jahr entsprechend gut, bedeutet dies 2-3 gute Jahre, die man auch ohne Regen auskommen kann.


Dieses Foto wurde auf Koiimasis vor vier Jahren aufgenommen - unglaublich oder?

Aufgrund der anhaltenden Trockenheit müssen die Tiere immer längere Strecken zurücklegen um noch ein paar Grasbüschel zu erhaschen. Die hier lebenden Pflanzenfresser, seien es nun die Pferde und Rinder der Rancher, die Wildpferde, Strauße oder Gazellen sind unglaublich zäh. Vielleicht werdet Ihr (vor allem meine Pferdemädels) etwas erschrocken sein, von den Bildern der Pferde, die ich ab und zu verschicke, da diese sehr dünn sind.
Koiimasis hat zurzeit ca. 230 Pferde, die auf einem Gebiet von 38.000 Hektar leben. Das Gebiet ist rundherum eingezäunt und in drei Teile aufgeteilt. Dadurch ist es möglich die Herden in Corrals zusammen zu treiben und von da aus in ein anderes Gebiet umzusiedeln, wo es vielleicht noch etwas mehr Nahrung zu finden gibt.

Diese Stuten wurden in einen anderen Bereich umgesiedelt
 
An meinem ersten Wochenende sind wir zur zweiten Ranch der Familie gefahren („Korais“ ca. eine Autostunde entfernt), dort hatte es sehr wohl geregnet, vor allem in den Bergen, und die dort untergebrachten Junghengste waren allesamt spicke fett.

Junghengste Aufzucht auf Korais

Leider überleben trotzdem nicht alle Pferde. Normalerweise besitzt die Familie zwischen 250-280 Pferde, die mehr oder weniger wild auf dem riesigen Gebiet leben, dieses Jahr haben aber viele der neugeborenen Fohlen nicht überlebt. An meinem zweiten Tag auf der Ranch haben wir eine Gruppe Pferde über ein Corral in der Mitte der Ranch in ein etwas besser bewachsenes Gebiet umgesiedelt. Hier waren auch ein paar Fohlen dabei, eines erst zwei Tage alt. „Hoffen wir dass es überlebt“, meinte Tommy. Da bekam ich erstmal einen Klos im Hals und wollte das Würmchen am liebsten gleich mit nehmen, aber: „Survival of the fittest“, die Natur siebt rigoros aus, was nicht stark genug ist den Gegebenheiten standzuhalten.

Das kleine Fohlen ist erst ein paar Tage auf der Welt

Warum werden die Tiere dann nicht angefüttert? Das habe ich mich auch gefragt. Hier entsteht aber das nächste Problem: Raubtiere. Die Wildpferde aus der Nachbarschaft werden tatsächlich zugefüttert. Hierfür wurden Tausende Namibische Dollar gesammelt um dies zu ermöglichen. Leider sprechen sich diese Futterstellen auch bei den Raubtieren, wie den Hyänen und Geparden, schnell rum…

Survival of the fittest - hier hat es ein Springbock nicht geschafft

Dass ein schwaches oder krankes Tier von einem Raubtier gerissen wird ist ganz natürlich. Wenn der Mensch hier aber versucht einzugreifen schlägt die Natur gnadenlos zurück.

Die Falle wurde mit den Resten eines gerissenen Straußes bestückt

Hinzu kommt aktuell eine Überpopulation an Geparden und Hyänen, denn das benachbarte „Wildlife Projekt“ siedelt diese Tiere künstlich in der Region an, damit die Touristen schöne Fotos machen können. Die Farmer wiederum stellen Fallen auf um dieser Überpopulation entgegen zu wirken. Hier stellt sich natürlich die Frage, wer hat die älteren Rechte? Die Farmer, welche die Pferde, Rinder etc. erst an diesen Ort gebracht haben? Oder die Raubtiere, denen die Pflanzenfresser als natürliche Futterquelle dienen?
Auf beiden Seiten geht es letztendlich ums Überleben und darum eine Waage zu finden zwischen menschlichem Eingriff und natürlicher Auslese.

Ich persönlich bete seit ich hier bin jeden Tag für Regen!

Auf diesem Foto sieht man wie es gerade auf Korais regnet, bis nach Koiimasis ist der Regen aber nicht gekommen...

Kommentare

  1. Das kleine Fohlen hat es leider nicht geschafft, letzte Woche haben wir seine Mutter gesehen, allein... :(

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