Kleine nicht so alltägliche Alltagsgeschichten - Teil 2

Ein Tag in der Wüste unterscheidet sich schon sehr von dem Gewohnten. Der Tagesrhytmus ist komplett anders und man merkt in welch einem Überfluss wir zuhause leben. Back to the roots – sobald man sich daran gewöhnt hat (und das ging bei mir relativ schnell) vermisst man den heimischen Luxus überhaupt nicht mehr. Naja zugegeben, in manchen Situationen denke ich dann doch etwas wehmütig an das eine oder andere Haushaltsgerät, aber es geht halt auch ohne!



Jeden Morgen dieselbe Frage: „Moin! Und, wie lange hielt dein Strom gestern?“

Früher wurde der Strom in der Wüste mit Windrädern oder mit Generatoren erzeugt. Heutzutage werden dafür vor allem Solarplatten verwendet. Eine tolle Sache, wenn da nicht die Wolken wären… Nun sitze ich hier um 18:10 Ortszeit und der Strom ist soeben wieder einmal ausgegangen. Zum Glück hat mein Laptop noch ein wenig Akku und ich habe eine kleine Solartaschenlampe, die mir ein bisschen Licht spendet. Die Sonne ist längst unter gegangen und die namibischen Nächte sind stockfinster. Sobald das Licht ausgeht höre ich die Moskitos wie Geier über mir kreisen. Allerdings bleibe ich hier sowieso nie allzu lange wach. Meistens lese ich noch so bis 9, dann fallen die Augen ganz von alleine zu. Den kompletten Tag körperliche Arbeit zu verrichten ist doch etwas anderes als der gewohnte Bürojob, außerdem klingelt morgen der Wecker um Punkt 6 Uhr. Wenn ich wieder zuhause bin habe ich sicher einen Jetlag, nicht wegen der Zeitdifferenz, denn Namibia liegt in der gleichen Zeitzone wie Deutschland (obwohl hier natürlich jetzt Winterzeit ist) sondern weil mein Tagesrhythmus so komplett anders ist.
Naja, was soll`s, dann werde ich also morgen früh, kurz nach Sonnenaufgang, wie jeden Morgen, auf den Berg hinter meinem Haus steigen und den Strom neu starten. Mein kleines Frühsportprogramm. Der gute Floh kommt schon gar nicht mehr mit hoch, ist ihm zu anstrengend – und der hat immerhin vier Beine, der faule Hund!

Dennoch darf ich jeden Morgen diesen Blick genießen – macht es schon fast wieder wett


Ich entwickele mich hier noch zum wahren Putzteufel

Auf der Burg wird selber gekocht – no Problemo! Dabei wird man richtig kreativ, denn ein „offline“ Kochbuch habe ich leider nicht und hier gibt es hauptsächlich Basis Lebensmittel, die sich möglichst lange halten müssen. Die nächstgrößere Stadt Mariental ist ca. 330 Kilometer entfernt, da dauert es schon mal bis Nachschub kommt.
Mit dem Gasherd habe ich mich mittlerweile arrangiert und verbrannter Toast schmeckt sowieso viel besser! Außerdem eignet er sich super zum Arme enthaaren – also der Herd nicht der Toast – autsch!
Man wird hier echt zum Ordnungsfreak erzogen, da setzt man sich mal 20 Minuten nach draußen um das selbstgekochte Essen zu genießen und zapp fallen die Ameisen über alles her, was man nicht sofort weggeräumt hat. Meistens wasche ich bereits ab, während ich noch koche, aber den blöden Mistviechern reicht bereits ein kleiner Kleks und auf meiner Arbeitsplatte ist Kirmes. Naja, so erziehen die mich doch noch zur guten Hausfrau – ich vermisse meine Spülmaschine.


Wasser ist das Gold der Wüste 

Leider hat es hier immer noch nicht geregnet. Zwischendurch gab es mal ein paar Tropfen, die hatten aber beinahe keinen Effekt, außer dass ich mich mit meinem Laptop unter einem Dach verkriechen musste, um meinen letzten Artikel hochladen zu können.

Mein neues Büro

Die Tiere müssen sich also etwas einfallen lassen. Es gibt natürlich an mehreren Stellen auf der Farm Tränken, die durch Grundwasserbohrungen entstanden sind. Einige Bohrlöcher reichen bis zu 130 Meter tief. In Windhoek wurde zuletzt ein Loch mit 600 Metern Tiefe gebohrt. Das Wasser wird mit der eben erwähnten Solarenergie hoch gepumpt und dann via Windrad über relativ dünne schwarze Plastikrohre weiter geleitet. Die Plastik Pipelines sind wesentlich widerstandsfähiger als die früher genutzten Stahlrohre, die ständig gewartet werden mussten. Die modernen Pipes fallen höchstens mal einem durstigen Pferd zum Opfer, das zu faul ist zur nächsten Wasserstelle zu traben und lieber das Rohr ausbuddelt und „an piekt“.

Wenn kein Wind weht, fließt auch kein Wasser, da ist die Sonne wesentlich beständiger

Das Wasser ist nicht unendlich aber es fließt stetig. Um die ganze Farm zu bewässern, wie man das mit den Feldern in Deutschland macht, reicht es aber nicht. Es wird für die Häuser, den Campingplatz, die Lodge und die Tränken genutzt. Wer einmal in der Wüste gelebt hat und live miterleben durfte, wie kostbar diese Ressource hier ist, bekommt ein ganz anderes Verhältnis dazu. Ich hoffe ihr macht alle schön den Wasserhahn aus beim Zähneputzen!

Eine der Tränken auf Korais – hier darf jeder Mal dran

Eines Tages, als ich mich an der Lodge gesonnt habe, bekamen wir Besuch von einem kleinen Klippspringer, der sich ein Schlückchen aus dem Pool gegönnt hat. Wer überleben will muss sich auch mal was trauen, normalerweise sind die kleinen Böckchen nämlich sehr scheu und schneller wieder in den Klippen verschwunden als man schauen kann.

In dem Moment haben alle Menschen inne gehalten um den Kleinen ja nicht zu verschrecken


Dassies – die Urenkel der Elefanten und alles andere als niedlich

Ich hoffe ich mache mir mit dieser Geschichte keine Feinde…
Die Klippschliefer oder Dassies wie sie hier genannt werden, leben in den Felsen und sind angeblich sogar entfernt mit den Elefanten verwandt. Auch die Felsen beim Cowboycamp (wo Tommy und die Ponys wohnen) sind von den kleinen Allesfressern bevölkert. Als ich sie zum ersten Mal gesehen habe fand ich sie noch ganz süß, wie sie da hockten und laute Schreie von sich gaben um ihre Kollegen zu warnen: „Achtung Mensch! Achtung Hund!“

Die klauen sogar die Seife aus der Dusche

Sehr schnell merkte ich aber, dass die gar nicht so süß sind, sondern richtig fette kleine Mistviecher – wie Ratten nur größer. Die setzten sich kackendreist bei den Pferden in die Tröge und fressen deren Futter weg. Versucht eines der Ponys an sein rechtmäßiges Futter zu kommen beißen sie ihnen kräftig in die Nase, mit ihren fiesen spitzen Nagezähnen. Die Pferde trauen sich gar nicht mehr an ihr Futter und ich verarzte ständig blutige Bisswunden.

Der arme Santana traut sich nicht mehr an sein Futter – und ich bin nur 2 Meter entfernt, das stört den Dassie überhaupt nicht.

Neuerdings ist es Tommy zu viel geworden und er hat begonnen die Dassies abzuknallen. Die Viecher sind derartig fett und die armen Pferde – die schließlich auch was für ihr Futter tun – sind so dünn, dass etwas gegen diese Überpopulation getan werden muss. Bisher war dies nicht nötig, „aber es war auch noch nie so trocken.“ Da hier natürlich nichts verschwendet wird, werden die toten Nagetiere eingesammelt und als Futter für die Hunde verwendet – so schließt sich der Kreislauf wieder. In der Wüste ist sich am Ende eben jeder selbst der Nächste und muss schauen wie er überlebt.

Suchspiel, wie viele Dassies findest du?

Fällt mal ein Dassie in eine der Felsspalten auch kein Problem, früher oder (leider meistens) später finden die Hunde ihn schon. Dann bekommst du ein ganz besonders gut duftendes Geschenk vor die Füße gelegt, „Danke Floh, lieb von dir aber den Kopf darfst du gaaaanz alleine verputzen, ich atme in der Zeit woanders weiter, ok?“
Mittlerweile reicht es übrigens schon, wenn Tommy einen Schuss abgibt und die Klippschliefer ziehen sich – wenn auch nur für einen Moment – in die Felsen zurück.


Floh hilft natürlich mit Leibeskräften bei der Dassiejagd

Kommentare

  1. Unglaublich, kurz nach dem ich diesen Artikel fertig hatte, hat Floh seinen ersten richtig fetten Dassie gefangen. Der Kampf hat eine ganze Weile gedauert, aber wir haben zwei Tage lang keine Dassies mehr am Boden gesehen, die sind auf der hut vorm Flohkiller Killerfloh.

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