Große Veränderungen – Teil II
In der Wüste muss man
sich eben anpassen können
Wie versprochen, hier der zweite
Teil meiner Berichterstattung über die großen und kleinen Veränderungen, auf
Koiimasis. Ich bin das ganze vergangene Jahr über mit der Familie in Kontakt
geblieben und habe die wichtigsten Neuerungen stets live berichtet bekommen.
Willkommen im Cowboycamp |
Fakt ist, Tommy ist nicht mehr Herr
über das Cowboycamp, sondern nun der Herrscher über die Nachbarfarm Landsberg, welche
seinem Onkel gehört. Dort kümmert er sich um alle anfallenden Farmarbeiten und
hält das Geschäft am Laufen. Er sorgt für die Rinder, die Jojoba-Plantage und
vieles mehr. Gerade legt er ein ganz neues Aquaponik System an. Mit diesem kann man den Wasserverlust, im Garten und bei der
Futtermittelproduktion, auf ein Minimum reduzieren. Wassersparen ist in der
Wüste nämlich eine verdammt ernste Sache.
Dort ist er, nach eigenen Worten,
sehr, sehr glücklich. Die „Pferdesache“ hat er aber vorerst auf Eis gelegt. Naja
nicht ganz, ein Jungpferd, sein Pferd JJ und der Hengst Doc, stehen
noch unter seiner Obhut. Aber für Tommy wurde es an der Zeit seinen eigenen Weg
zu gehen. Abseits von seinem Vater, der ihm dann doch nicht so viel freie Hand
gelassen hat, wie er gebraucht hätte. Ich kann das gut nachvollziehen, obwohl
ich es gleichzeitig natürlich sehr schade finde. Die Zeit damals, mit Tommy am
Cowboycamp, war eine tolle Zeit für mich. Ich konnte sehr viel von ihm lernen
und habe sein geschicktes Horseman-Händchen stets bewundert. Bleibt zu hoffen,
dass er die Zügel nicht komplett an den Nagel hängt, sondern vielleicht eines
Tages zurückkehrt... Aber wie das so ist, wenn man das Hobby zum Beruf macht,
kann es eben schnell passieren, dass es nicht mehr den Spaß macht, den es
früher einmal gemacht hat und man sich dabei erwischt, wie man die Vierbeiner
verflucht, die man doch immer so geliebt hat.
Der neue Tommy
Da der Betrieb natürlich weitergehen
muss, gibt es mittlerweile einen neuen Cowboy im Camp. Tommy heißt er zwar nicht,
sondern Marius, neu ist er aber trotzdem.
Der neue Cowboy öffnet das Tor zum Cowboycamp |
Marius ist 32 Jahre alt, gebürtiger
Namibianer und ein richtiger Bure. Er ist westlich von Windhoek, auf einer Farm, aufgewachsen und spricht
Afrikaans und Englisch, versteht aber auch ein bisschen Deutsch – also Vorsicht beim Lästern! Seit ein paar Monaten ist er der amtierende Koiimasis Cowboy und somit für die Pferde, deren Ausbildung und Training, die Reittouren und eben auch für die Volontäre zuständig.
Darf ich vorstellen: der neue Marlboro Cowboy - äh ne, Koiimasis Cowboy |
Zum ersten Mal auf einem Pferd saß er mit knapp drei Jahren, von da an war er nicht mehr vom Pferderücken runter zu bekommen – jedenfalls nicht freiwillig. Er hat stets
mit Pferden gearbeitet und kann sich ein Leben ohne überhaupt nicht vorstellen.
So war er lange Zeit Guide für Wanderritte und hat auf Mauritius Quarantäne
Pferde trainiert. Als professioneller Endurance Reiter, hat er knapp 16 Jahre
lang Distanzpferde trainiert, gestartet und verkauft. Dabei hat er viele Jahre
in Südafrika gearbeitet. Seine Arbeit führte ihn aber auch nach Dubai, Abu
Dhabi und Katar. Die angespannte politische Lage in Südafrika brachte ihn nun jedoch
dazu nach Namibia zurückzukehren. Sicher aber auch das einmalige Angebot der
Familie Izko.
Nach eigenen Angaben, hat er in seinem Leben mehr als 1.000 Jungpferde gestartet.
Sein Trainingsansatz basiert auf den Lehren Pat Parellis und dem Prinzip von
Druck und Nachgeben.Marius beim Training eines seiner Jungpferde |
Man kann also von einem echten
Pferdemann sprechen, auch wenn ich ihm das feine Horseman-Händchen von Tommy nicht attestieren kann. Dafür ist er aber ein absolut unerschrockener und entschlossener Colt-Starter. Er liebt es
Jungpferde anzureiten und sie auf ein Leben als Reitpferd vorzubereiten.
Reitpferdetraining ist wiederum nicht so seine Sache. Anderer Leute Pferde zu
trainieren liegt ihm nicht so, hat er mir einmal erzählt, das wäre eher eine
Frauensache, die hätten an so etwas mehr Spaß. Ohne das Klischee bestätigen zu
wollen, muss ich zugeben, dass ich meine Pferde sehr gerne auch im Zirkel
trainiere…
Ich beim Roping Training, mit meinem Lieblingspony Josh, auf dem Reitplatz - Ausblick inklusive |
Namibia Horseback Hunting
Marius ist leidenschaftlicher Jäger
und arbeitet gerade an der Etablierung eines „Jagd zu Pferde“ Programms,
welches man dann auf Koiimasis buchen kann. Naja, wie ihr euch denken könnt bin
ich als Heimat-Vegetarier (Heimat,
weil ich in Afrika ja durchaus Fleisch esse), kein sonderlich großer Jagd Fan...
Um mir aber auch die andere Seite anzuhören, habe ich mich eine Weile mit
Marius über das Thema unterhalten. Was mir persönlich bei dieser Sache besonders
wichtig ist, ist dass das geschossene Tier auch verwertet wird und nicht nur
als Trophäe auf Instagram landet. Heißt, dass jedes Einzelteil eine Verwendung
findet, dass das Fleisch gegessen und nichts vergeudet wird. Das konnte mir
Marius guten Gewissens bestätigen. In einem Land wie Namibia verschwendet man
nichts. Wenn er jagen geht, vornehmlich Oryx oder Springböcke, hat er es immer
auf alte Bullen oder Kühe abgesehen, die sich bereits ausreichend vermehrt
haben. So hält man den Genpool frisch. Außerdem gibt es einen weiteren Punkt:
die Überpopulation. Da Koiimasis aktuell weit und breit das meiste Futter hat,
werden die Pflanzenfresser davon geradezu magisch angezogen. Aufgrund dessen,
dass man natürlich nie wissen kann wie es nächstes Jahr um die Weiden bestellt
sein wird, muss der Farmer versuchen die Populationen in Grenzen zu halten, um
die Flächen lange genug für das eigene Vieh nutzen zu können. Außerdem müssen Fleischfresser, wie z.B. die Schakale, kontrolliert werden. Die kleinen Raubtiere haben in
diesem Jahr nämlich sämtliche Straußennester geplündert und stellen auch eine
Gefahr für die Kälber dar.
Nichts anderes machen die Jäger und Förster in unseren heimischen Wäldern, indem sie beispielsweise die Anzahl des Rot- und Damwilds, sowie der Wildschweine regulieren.
Nichts anderes machen die Jäger und Förster in unseren heimischen Wäldern, indem sie beispielsweise die Anzahl des Rot- und Damwilds, sowie der Wildschweine regulieren.
Zwei Welten
Ich als Volontärin hatte mit dem
Jagd-Krams aber überhaupt nichts zu tun. Auch in Zukunft soll das Jagdreiten
und das touristische Reiten (wozu ich jetzt auch mal die Volontäre zähle)
strikt getrennt bleiben, um diese beiden Lager nicht zu vermischen. Denn auch
wenn ich weiß, dass die Menschen hier das Fleisch zum Leben brauchen und die
Tiere wiederum ein grandioses Leben und einen schmerzlosen Tot hatten, kann ich
mich irgendwie nicht mit dem Gedanken anfreunden, dass töten ein spaßiges Hobby
sein soll. Zum Überleben, ja. Zum Freizeitvergnügen, nein.
Aktuell leitet Marius auch sämtliche Tourie Ritte über das Farmgelände |
Dabei hat er jede Menge Fakten auf Lager - aber fallt nicht auf den Trick mit der Buschman-Gurke rein. Die Dinger sind zwar nicht giftig, schmecken aber abscheulich |
Zwischenzeugnis: eine gute, solide 2
Nachdem Tommy dem Cowboycamp,
zumindest auf arbeitstechnischer Ebene, den Rücken gekehrt hat, hat Marius nun das
Zepter übernommen. Nach knapp 3 Wochen kann ich bereits ein bisschen
Vergleichen und ein erstes, kleines Zwischenfazit abgeben.
Mit Marius ist definitiv mehr Action angesagt. Ich persönlich habe ja Tommys Wortkargheit und die damit einhergehende Ruhe genossen. Aber mit Marius ist es stets lustig. Er erzählt viel, wenn der Tag lang ist, hat dabei aber auch jede Menge witzige und spannende Storys auf Lager. Reittechnisch konnte ich von Tommy, der durch die diversen namhaften Amerikanischen Trainer eine qualitative Ausbildung genießen durfte, zwar wesentlich mehr lernen. Dennoch spornt Marius` Unerschrockenheit vielleicht den einen oder anderen Schisser an und lässt diesen über sich hinauswachsen. Auch ich musste zuletzt durch eine Sache durch, die mir zugegebenermaßen etwas Angst gemacht hat. Nachdem ich mich aber, entsprechend seiner Anweisungen, durchgesetzt hatte, hörte das Pferd tatsächlich auf zu buckeln und ich begann den Ritt wieder zu genießen. „Thaaaank you Marius for pushing me“, rief er grinsend, als er beobachtete, wie ich lächelnd das nun friedliche und entspannte Pferd lobte.
Mit Marius ist definitiv mehr Action angesagt. Ich persönlich habe ja Tommys Wortkargheit und die damit einhergehende Ruhe genossen. Aber mit Marius ist es stets lustig. Er erzählt viel, wenn der Tag lang ist, hat dabei aber auch jede Menge witzige und spannende Storys auf Lager. Reittechnisch konnte ich von Tommy, der durch die diversen namhaften Amerikanischen Trainer eine qualitative Ausbildung genießen durfte, zwar wesentlich mehr lernen. Dennoch spornt Marius` Unerschrockenheit vielleicht den einen oder anderen Schisser an und lässt diesen über sich hinauswachsen. Auch ich musste zuletzt durch eine Sache durch, die mir zugegebenermaßen etwas Angst gemacht hat. Nachdem ich mich aber, entsprechend seiner Anweisungen, durchgesetzt hatte, hörte das Pferd tatsächlich auf zu buckeln und ich begann den Ritt wieder zu genießen. „Thaaaank you Marius for pushing me“, rief er grinsend, als er beobachtete, wie ich lächelnd das nun friedliche und entspannte Pferd lobte.
Ich durfte auch einige der jungen Pferde reiten, wie hier den (nicht so) kleinen Joker |
Ich bin jetzt natürlich in einer
Position, wo ich beide genau Vergleichen und jeden Unterschied bewerten kann, obwohl ich mit Tommy natürlich eine sehr viel längere Zeit verbracht habe. Dabei bin ich mir aber absolut sicher, dass Jemand der neu nach Koiimasis
kommt, mit Marius definitiv eine tolle Zeit haben wird. Die Energie, die dieser
Mann ausstrahlt, ist in gewisser Weise ansteckend. Auch wenn wir hier und da
unsere Meinungsverschiedenheiten hatten, habe ich die Zeit am Cowboycamp doch
definitiv genossen. Wie Tommy so schön sagte: „das ist jetzt halt mehr die echte
Afrika Erfahrung“.
An kalten Abenden hat Marius für Flo und mich, stets ein warmes Feuerchen gemacht - Danke dafür!!! |
Aber auch morgens, war es teilweise so kalt, dass wir mit einer Tasse Tee und einem warmen Feuer, auf die Sonne gewartet haben, bis diese hinter den Felsen hervor kam |
Zukunftsmusik
Da sich Marius in Zukunft (wann
auch immer diese sein wird – in Afrika ticken die Uhren anders), hauptsächlich
auf die Jagdreiterei konzentrieren möchte, wird es langfristig sicher einen
neuen Cowboy geben, der das Cowboycamp und somit auch die Pferdeausbildung und
die Volontäre unter seine Fittiche nehmen wird. Spätestens dann, wird es auch für
mich wieder Zeit hinzufliegen und den neuen Cowboy unter die Lupe zu nehmen.
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